Die neue Altersvorsorge II:Die neue Last für Rentner von morgen

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Wenn das Alterseinkünftegesetz 2005 in Kraft tritt, greift der Fiskus bei Ruheständlern stärker zu als bisher. Mehr als eine Million Rentner müssen im kommenden Jahr erstmals Steuern zahlen.

Von Thomas Öchsner

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum: Rentner, glauben viele Bundesbürger, bleiben vom Finanzamt verschont.

Systemwechsel: Wer eine Rente bezieht, wird stärker besteuert. (Foto: Foto: AP)

Richtig ist etwas anderes: Renten sind steuerpflichtig, aber die meisten Ruheständler mussten bislang nichts zahlen, weil der Fiskus sich nur für einen kleinen Teil der Rente, den so genannten Ertragsanteil, interessierte.

Mit dem Systemwechsel bei der Altersvorsorge von 2005 an wird sich dies schrittweise ändern.

Wer Geld für die Altersvorsorge aufwendet, wird entlastet. Wer eine Rente bezieht oder später beziehen wird, wird stärker besteuert.

Nach Angaben der Rentenversicherungsträger zahlen derzeit von insgesamt 14,2 Millionen steuerpflichtigen Rentnern zwei Millionen Steuern. Davon leben allerdings nur 12.000 allein von gesetzlichen Renten.

Ruheständler mit Nebenverdienst müssen mehr zahlen

Etwa 300.000 der steuerzahlenden Rentner erzielen Nebeneinkünfte neben der Rente, und 1,7 Millionen Rentner leben überwiegend von anderen Einkünften.

Das Bundesfinanzministerium rechnet damit, dass diese drei Gruppen wachsen werden und 2005 etwa 3,3 Millionen Rentner-Haushalte dem Finanzamt etwas abgeben müssen. Der Fiskus hält also vor allem bei den Ruheständlern, die neben ihrer gesetzlichen Rente Betriebsrenten beziehen oder Zinsen, Mieten oder Pachten kassieren, die Hand auf.

Wie sehen nun die neuen Regeln im Einzelnen aus? Kern der neuen Rentenbesteuerung ist der Rentenfreibetrag. Dieser steuerfreie Anteil der gesetzlichen Rente beläuft sich 2005 auf 50 Prozent.

Der Freibetrag gilt für Alt- und Neurentner. Er ist ein fester Euro-Betrag und bleibt auch in den Folgejahren unverändert - also auch dann, wenn die Rente durch die jährlichen Anpassungen weiter steigt.

Ein Beispiel der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte: Ein Ruheständler ohne weitere steuerpflichtige Einkünfte erhält 2004 eine Jahresbruttorente von 12.000 Euro. Der Rentenfreibetrag beläuft sich 2005 auf 6000 Euro.

Angenommen die Jahresbruttorente klettert bis 2007 auf 12.250 Euro. Dann steigt das zu versteuernde Renteneinkommen auf 6250 Euro, weil der Freibetrag ja gleich bleibt. Wegen des geringen Altersgeldes ist aber nichts zu versteuern.

Wer später in Rente geht, muss mehr versteuern

Der Prozentsatz des steuerpflichtigen Teils der Rente steigt allerdings für die jeweiligen Neurentner von Jahr zu Jahr weiter - und zwar bis 2020 um zwei Prozentpunkte und danach bis 2040 um einen Prozentpunkt. Beispiel: Wer 2006 in Rente geht, muss 52 Prozent versteuern. Der Rentenfreibetrag beträgt dann nur 48 Prozent.

Bei einem Renteneintritt im Jahr 2020 liegt der steuerpflichtige Rententeil bereits bei 80 Prozent. 20 Jahre später ist die Rente dann für Neurentner zu 100 Prozent steuerpflichtig.

Umgekehrt sinkt der Rentenfreibetrag bis 2040 auf 0 Prozent. Dieser Systemwechsel hin zur so genannten nachgelagerten Besteuerung gilt auch für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinterbliebenenrenten.

Mehrere Obergrenzen

Das will der Fiskus in Zukunft von den Rentnern haben. (Foto: Tabelle: sueddeutsche.de)

Die tatsächliche Steuerlast eines Rentner ist allerdings von vielen Faktoren abhängig, etwa vom Familienstand, der Höhe der Krankenversicherungsbeiträge oder möglichen außergewöhnlichen Belastungen (zum Beispiel Schwerbehinderung).

Außerdem sind eine Reihe weiterer Freibeträge zu beachten, bei denen es nach Angaben der Oberfinanzdirektion München teils Änderungen gibt:

Allgemeiner Grundfreibetrag: Er beläuft sich 2005 wie im Vorjahr auf 7664 Euro. Bis zu dieser Grenze (Verheiratete: 15.328 Euro) sind für einen Alleinstehenden Einkünfte steuerfrei.

Sonstige Vorsorgeaufwendungen: Auch Rentner können ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie andere Vorsorgebeiträge (Haftpflicht- oder Unfallversicherung) von der Steuer absetzen. Für sie gilt von 2005 an derselbe Höchstbetrag wie für Arbeitnehmer, nämlich 1500 Euro.

Versorgungsfreibetrag: Dieser Freibetrag gilt nicht für gesetzliche Renten, sondern für Pensionen, Betriebsrenten oder Renten aus Versorgungswerken. Er beläuft sich 2004 auf höchstens 3072 Euro.

2005 wird dieser Freibetrag auf 3000 Euro reduziert. Danach wird er schrittweise gesenkt, bis 2020 jährlich um 1,6 Prozent und danach um jeweils 0,8 Prozent bis zum Jahr 2040. Auch hier gilt: Der Versorgungsfreibetrag, der im ersten Bezugsjahr ermittelt wird, gilt für die gesamte Versorgungslaufzeit.

Altersentlastungsbetrag: Er gilt für Mieteinnahmen, Kapitaleinkünfte oder gewerbliche Einkünfte, wenn der Rentner am 1. Januar wenigstens 64 Jahre alt war. Dieser Betrag fällt von maximal 1908 Euro in diesem Jahr auf 1900 Euro 2005. Danach wird er wie die anderen Freibeträge schrittweise abgebaut.

Arbeitnehmerpauschbetrag: Wer nur eine gesetzliche Rente bezieht, kann ihn nicht in Anspruch nehmen. Er ist nur für Versorgungsempfänger relevant. Derzeit beläuft sich der Arbeitnehmerpauschbetrag auf 920 Euro. Er wird 2005 auf 900 Euro und danach in den gleichen Schritten gesenkt wie der Versorgungsfreibetrag.

Neu ist: Bezieher einer gesetzlichen Rente erhalten ab 2005 einen Werbungskostenpauschbetrag von 102 Euro.

Laut den Landesversicherungsanstalten fallen für Alleinstehende, die 2005 außer der Rente keine weiteren Einkünfte erzielen, bis zu einer Monatsrente von 1570 Euro brutto, einschließlich Sozialabgaben, keine Steuern an. Bei Verheirateten verdoppelt sich dieser Betrag auf 3140 Euro.

Mit dem schrittweisen Sinken des Rentenfreibetrags und der anderen Freibeträge wird die Steuerlast der Rentner von morgen aber steigen. Junge Menschen sollten deshalb vorsorgen. Wie dies gehen kann, ist in den nächsten vier Teilen der SZ-Serie zu lesen.

© SZ vom 8.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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