Deutschlands große Steuererhöhung:Was das schon wieder kostet

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Einkaufen, Tanken und Ausgehen - vieles wird teurer im nächsten Jahr. sueddeutsche.de hat mal nachgerechnet.

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Ein wahres Feuerwerk an Steuererhöhungen erwartet die Deutschen im kommenden Jahr.

(Foto: Berechnung: Datev)

Und zwar auf den unterschiedlichsten Ebenen: Sowohl die direkten Steuern - die im Rahmen der persönlichen Steuererklärung gezahlt werden - als auch die indirekten Steuern - die etwa beim Einkaufen anfallen - werden erhöht.

Zum Beispiel die Mehrwertsteuer: Sie steigt von 16 auf 19 Prozent. Teurer werden damit fast alle Gebrauchsgüter des täglichen Lebens. Der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent bleibt aber erhalten. Somit muss beispielsweise für Lebensmittel nicht mehr als bisher gezahlt werden.

Die ebenfalls geplante Streichung der Pendlerpauschale betrifft den Bereich der direkten Steuern. Künftig können nur noch diejenigen Arbeitnehmer einen Teil der Wegstrecke zum Arbeitsplatz steuermindernd geltend machen, die mehr als 20 Kilometer entfernt wohnen. All jene, die sich ihre Wohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes gesucht haben, gehen leer aus. Wohnt jemand beispielsweise 25 Kilometer von seiner Arbeitsstelle entfernt, kann er künftig nur noch fünf Kilometer Weg absetzen.

Überdies wird der Sparerfreibetrag halbiert: Zinsen auf Erspartes müssen künftig bereits ab Beträgen von 750 Euro bei Ledigen und 1370 bei Verheirateten versteuert werden.

Andere Neuregelungen kommen noch hinzu. Das Arbeitszimmer darf etwa nur noch in besonderen Ausnahmefälle angesetzt werden und die Versicherungssteuer steigt wie die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte.

Die unterschiedlichen Steuererhöhungen summieren sich zu erklecklichen Beträgen: Schnell steigt die Zusatzbelastung auf mehr als 1000 Euro im Jahr.

Dazu zwei Beispielrechnungen:

Fall eins: Ein verheiratetes Paar, keine Kinder. Er verdient 72.000 Euro, hat Zinseinnahmen von 2500 Euro und wohnt 20 Kilometer von der Arbeitsstelle entfernt. Sie verdient 24.000 Euro. Ihre Zinseinnahmen liegen bei 1500 Euro und sie wohnt ebenfalls 20 Kilometer von der Arbeitsstelle entfernt.

Die Streichung der Pendlerpauschale macht sich bei den Werbungskosten bemerkbar: Noch im laufenden Jahr kann ein Arbeitnehmer für 20 Kilometer Weg immerhin 1320 Euro geltend machen. Damit hätte er den Pauschalsatz für die Werbungskosten von 920 Euro bereits überschritten.

Im Jahr 2007 kann er zwar noch immer die Pauschale von 920 Euro ansetzen, dafür gelten allerdings alle übrigen Aufwendungen - sofern sie zusammengenommen unter dieser Grenze bleiben, bereits als abgegolten.

Der Wegfall der Pendlerpauschale erhöht also das zu versteuernde Einkommen um 400 Euro.

Noch gravierender fällt hier die Halbierung des Sparerfreibetrags ins Gewicht: Das zu versteuernde Einkommen steigt im Beispiel um 620 Euro.

Zusammengenommen sind das 1020 Euro. Bei der Ehefrau sind es ebenso viel. Da zugleich aber ein etwas höherer Anteil an Vorsorgeaufwendungen abgesetzt werden kann, erhöht sich das zu versteuernde Einkommen nicht um 2040 Euro, sondern um 1700 Euro.

Die resultierende zusätzliche Steuerbelastung liegt in diesem Fall bei knapp 700 Euro.

Fall zwei: Eine Familie mit zwei Kindern, nur einer verdient. Der Jahresbruttolohn liegt bei 48.000 Euro, die Zinseinnahmen bei 5000 Euro. Die Entfernung zur Arbeitsstätte beträgt 20 Kilometer.

Hier fällt der Wegfall der Pendlerpauschale weniger stark ins Gewicht, da nur eine Person verdient. Hinzu kommt aber wiederum die Halbierung der Sparerfreibetrags, so dass in diesem Beispiel die tatsächliche Belastung um 430 Euro zunimmt.

Dann die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Der Bund erhofft sich viel Geld durch diese Maßnahme. Vorausgesetzt, dass die Verbraucher nicht weniger einkaufen als bisher und der Handel die Preiserhöhungen voll auf die Verbraucher überwälzen könnte, würde der Staat nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) längerfristig 25 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen - immerhin 1,1 Prozent des Bruttosozialprodukts.

Zugleich soll aber auch der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um zwei Prozentpunkte sinken. Die würde wiederum zwölf Milliarden Euro kosten.

Wenn aber die Unternehmen durch die Kostenersparnis ihre Gewinne erhöhen können, zahlen sie mehr Steuern. Somit könnten aus dem Reformpaket Mehreinnahmen von 15 Milliarden Euro resultieren, schreibt das DIW.

Auch die zusätzliche Belastung für die Verbraucher hat das DIW simuliert.

Dabei geht das Berliner Forschungsinstitut davon aus, dass die Erhöhung erst auf längere Sicht an die Verbraucher weitergegeben werden kann. Somit würde die Mehrwertsteuererhöhung zu einem Anstieg der Verbraucherpreise um 1,7 Prozent führen.

Im Folgenden werden die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung für die unterschiedlichen Haushalts- und Familientypen dargestellt.

Die Haushaltsnettoeinkommen wurden dazu klassifiziert. Der Wert in der ersten Spalte der Tabelle entspricht dem jeweiligen Klassendurchschnitt.

In den übrigen Spalten finden sich die jährlichen Mehrausgaben aus der Steuererhöhung bezogen auf den jeweiligen Klassendurchschnittswert.

Berechnung: sueddeutsche.de auf Basis von Daten des DIW Berlin

Es zeigt sich, dass vor allem die unteren Einkommensklassen von der Mehrwertsteuererhöhung betroffen sind: Der Single mit einem Einkommen von 425 Euro müsste gemäß dieser Simulation künftig bei unverändertem Konsum jährlich 74 Euro mehr bezahlen. Das sind 1,45 Prozent seines Jahresnettoeinkommens.

Der Single mit einem monatlichen Einkommen von gut 12.000 Euro bezahlte zwar 845 Euro im Jahr mehr, doch das wären nur knapp 0,6 Prozent seines Einkommens.

Die unterste Einkommensklasse ist also in dieser Kategorie zweieinhalb Mal so stark betroffen wie die höchste.

Dass in einigen Einkommenskategorien Familien mit größerer Kinderzahl scheinbar weniger stark belastet sind als solche mit keinem oder nur einem Kind, könnte an unterschiedlichem Konsumverhalten liegen: Die dreiköpfige Familie wird sich womöglich keinen Urlaub nicht mehr leisten, weil sie eine größere Wohnung finanzieren muss.

Das Paar aus dem Fall eins müsste mit einem angenommenen Nettogehalt von gut 4000 Euro für die Mehrwertsteuererhöhung knapp 600 Euro zusätzlich ausgeben. Hinzu kämen die rund 700 Euro durch den Wegfall der Pendlerpauschale und die Halbierung des Sparerfreibetrags.

Die Steuererhöhungen würden sich also für das kinderlose Paar mit einem Zusatzaufwand von 1300 Euro bemerkbar machen.

Die vierköpfige Familie im zweiten Fall müsste insgesamt knapp 800 Euro mehr zahlen.

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