Deutsche Bank patzt:Leo Kirch ist wieder im Spiel

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Die Deutsche Bank leistet sich eine peinliche Panne im Streit um die Springer-Aktien.

Klaus Ott

(SZ vom 08.06.02) - Vielleicht bekommt der pleite gegangene Medienunternehmer Leo Kirch, der in seinem alten Büro in der Münchner Innenstadt über neue Geschäfte nachdenkt, in den nächsten Wochen des öfteren Besuch.

Immerhin hat der 75-jährige Firmenpatriarch, der Deutschlands größtes Film- und Fernsehimperium aufbaute, mit einer Klage beim Landgericht München I einen bedeutenden Teil des verlorenen Reiches zurückerobert.

Bis Ende August kann der alte Herr wieder über den einst mühsam erworbenen Anteil in Höhe von 40 Prozent am Springer-Verlag verfügen und die Aktien selbst verkaufen, um einen mit den Papieren besicherten Großkredit der Deutschen Bank über 720 Millionen abzulösen.

Diverse Interessenten

Dies sieht ein beim Landgericht vereinbarter Vergleich mit dem Finanzinstitut vor, das die Aktien eigentlich direkt verwerten wollte. Für die Beteiligung an Europas führendem Pressehaus (Bild, Welt) gibt es diverse Interessenten, etwa den Verlag der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung in Essen.

Der WAZ-Chef Erich Schumann sprach in dieser Sache wiederholt bei Kirch vor. Nun ist der Medienhändler einstweilen wieder im Spiel, sicher nicht zur Freude der Deutschen Bank. Doch das Geldinstitut konnte offenbar gar nicht anders, als dem vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich nach stundenlangen Beratungen mit den Anwälten zuzustimmen.

Die Großbank machte in dem brisanten Verfahren keinen guten Eindruck. Kirch hatte in seiner Klage behauptet, das Finanzinstitut habe wegen Formfehlern gar kein Pfandrecht auf die Springer-Aktien.

Die Deutsche Bank wies das Anfang der Woche zurück. Bereits vor der Verpfändung von Kirchs Springer-Anteil im Juni 1998 hätten sich alle betroffenen Aktien bei dem Geldhaus befunden, das damit schon zu diesem frühen Zeitpunkt in den Besitz der Papiere gelangt sei, lautete der Hinweis an das Landgericht.

Und siehe da, die Angaben waren falsch

Kirchs Anwälte Peter Gauweiler und Wolf-Rüdiger Bub hakten daraufhin nach. Und siehe da, diese Version war falsch. In der Nacht vor der Verhandlung, die am Donnerstag stattfand, faxten die Anwälte der Deutschen Bank schnell noch einen neuen Schriftsatz mit einer Richtigstellung an das Gericht.

Die ursprünglichen Angaben zum Pfandrecht auf die Springer-Aktien beruhten auf einem Versehen, für das man um Entschuldigung bitte. "Da schleichen sich gelegentlich Versehen ein", sagte Peter Heckel, der Anwalt der Bank, später im Gerichtssaal. Das Pfandrecht sei dennoch anderweitig gesichert. Das Gericht war gleichwohl aufmerksam geworden.

Laut dem vereinbarten Vergleich will Kirch das Pfandrecht der Bank nicht länger anfechten. Außerdem könnte der Medienhändler Probleme haben, den Springer-Anteil zu veräußern, da es sich um vinkulierte Namensaktien handelt und der Verlag neuen Inhabern zustimmen muss.

Schon immer gerne getrickst

Sollten die Papiere wieder an die Deutsche Bank zurückfallen, dann dürften sich die Interessenten das Pfandrecht indes ganz genau anschauen. Aber vielleicht verkauft Kirch ja gar nicht die Springer-Aktien, sondern einfach nur seine Tochterfirma, der die Papiere gehören. Der Medienhändler hat schon immer gerne getrickst.

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