Deutsche Bahn:Melancholie für Millionen

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Mehr ICE-Verbindungen, eine neue Jugendkarte, aber auch höhere Fahrpreise: Für zahlreiche Reisende ändert sich ab Sonntag einiges. Vor allem Bahncard-Kunden sind betroffen.

Für die Fachleute der Bahn ist der jährliche Fahrplanwechsel an diesem Sonntag eigentlich nur eine Zwischenetappe.

Denn die Änderungen auf dem 35 000 Kilometer langen Gleisnetz gelten nicht einmal für sechs Monate. Am 28. Mai 2006 ist der Start zweier Großprojekte geplant, die den bundesweiten Verkehr von Intercity und ICE beschleunigen sollen - der neue Berliner Hauptbahnhof als Drehscheibe im Osten und die Schnelltrasse Nürnberg-Ingolstadt.

Schon jetzt gibt es aber Änderungen für Millionen Kunden: Der Rabatt für Mitfahrer wird eingeschränkt, eine Jugendbahncard kommt, und Pendler sowie Fernreisende spüren angekündigte Preiserhöhungen im Portemonnaie.

Dass die Tickets auch in diesem Jahr teurer werden, hatte der bundeseigene Konzern schon im Sommer beschlossen - mit Verweis auf gestiegene Energiekosten.

Im Fernverkehr fast drei Prozent mehr

Im Nahverkehr müssen Fahrgäste außerhalb der Verkehrsverbünde im Schnitt 2,6 Prozent mehr zahlen. Von Bamberg nach Bayreuth sind es mit 13,40 Euro zum Beispiel zehn Cent mehr, von Lüneburg nach Magdeburg (künftig 34,60 Euro) 50 Cent.

Im Fernverkehr gehen die Preise im Schnitt um 2,9 Prozent hoch. Dies wirkt sich aber je nach Entfernung unterschiedlich aus. Wird die kurze Reise Bochum-Düsseldorf mit 16 Euro künftig 60 Cent billiger, verteuert sich eine ICE-Fahrt von Frankfurt/Main nach Berlin um drei Euro auf 88 Euro.

Fahrgastvertreter sprechen von falschen Signalen. "Die Bahn hätte die Chance gehabt, wegen der hohen Benzinpreise mehr Kunden vom Auto anzulocken und ihre Umsätze zu steigern", sagt der Vorsitzende des Verbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. "Die Erhöhung ist nicht nachvollziehbar", meint auch Heidi Tischmann, Bahnexpertin beim Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Zwar seien die Kosten für Strom und Diesel gestiegen. Die Regionalzüge machten aber höhere Gewinne, und der Fernverkehr sei wirtschaftlich wieder auf Kurs. Um Kunden bei der Stange zu halten, sollten zumindest 2006 die Preise stabil bleiben.

Teurer werden nach längerer Zeit auch Bahncards für Vielfahrer. Der "Klassiker" mit 50 Prozent Ermäßigung kostet statt 200 Euro dann 206 Euro, die Karte mit 25 Prozent Rabatt 51,30 Euro statt 50 Euro.

Trotzdem fällt dabei die Möglichkeit weg, bis zu vier Reisende für die Hälfte des Preises mitnehmen zu können. "Das war für viele eine gute Alternative zum Auto", kritisiert der VCD. Der Mitfahrerrabatt gilt aber weiterhin bei den Frühbucherpreisen mit 25 und 50 Prozent Ermäßigung, für die sich Kunden auf einen Zug festlegen müssen.

Lob ernten die Planer dagegen für eine neue Bahncard eigens für Jugendliche. Für einmalig zehn Euro bietet sie bis zum 19. Geburtstag 25 Prozent Ermäßigung - das soll junge Leute schon vor dem ersten eigenen Auto als Kunden der Zukunft umwerben. Eine solche "gute Sache" sollte es auch für ältere Studenten geben, empfiehlt Pro Bahn.

In den Verkauf gehen am Sonntag daneben Angebote zur Fußball-WM 2006 wie ein "Weltmeistertickets" ab 54 Euro für Fans mit Eintrittskarte in die Stadien. Von dem Großereignis im eigenen Land erhofft sich die Bahn im nächsten Jahr bis zu fünf Millionen zusätzliche Fahrgäste.

Bereits jetzt bleiben in den Zügen aber zusehends weniger Plätze leer - auch dank Sonderaktionen mit Billigtickets wie beim Discounter Lidl.

Mit Tempo 230 haben auch die ICE auf der neuen Trasse Hamburg-Berlin die Nachfrage seit dem Start vor einem Jahr um rund 60 Prozent steigen lassen. "Es hat sich gezeigt, dass man mit Qualität und guten Angeboten Kunden gewinnen kann", sagt Pro-Bahn-Chef Naumann. Die Bahn dürfe dabei aber nicht nachlassen.

Konzernchef Hartmut Mehdorn macht der Fernverkehr inzwischen aber auch finanziell wieder Freude, nachdem die Sparte angesichts harter Konkurrenz der Billigflieger zuletzt in den tiefroten Zahlen steckte.

Bis Ende September lockten ICE und Intercity 700.000 Reisende mehr an als ein Jahr zuvor. Das einstige Sorgenkind werde wohl noch 2005 die Gewinnschwelle erreichen, versprach Mehdorn jetzt dem Aufsichtsrat.

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