Der U2-Star und das liebe Geld:Die Geschäfte des Herrn Bono

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Der Sänger der Kultband U2 gilt als barmherziger Samariter. Er drängt die Mächtigen der Welt, mehr für Afrika zu tun. Doch ist Bono auch Geschäftsmann und clever genug, die Charity-Verbindungen für seine Privatgeschäfte zu nutzen.

Ansgar Siemens

Er muss zwei Lebensthemen haben: Musik, das ist klar und Afrika. Der vernachlässigte Kontinent mit Hunger und Armut.

Bono, 47, Sänger der Rockband U2, will sich nicht abfinden mit dem Elend dort. "Wer den verzweifelten Armen hilft", hat Bono einmal gesagt, "den wird Gott segnen".

Und so geht es dem Musiker mit der markanten Sonnenbrille meist ums Geld, wenn er von Afrika spricht. Die reichen Länder müssten mehr geben. Seit Jahren wendet sich der gebürtige Ire deswegen an die Mächtigen der Welt. Und sie lassen ihn auch vorsprechen.

Beim G8-Gipfel in Heiligendamm ging es um Afrika, um staatlich aufgebrachte Entwicklungshilfe. Bono war natürlich dabei, alles war wie immer, er gemahnte die Putins und Bushs, ihren Einsatz bis 2010 zu verdoppeln.

Kanzlerin Merkel lud zur Privataudienz. Später röhrte Bono mit beim Konzert "Deine Stimme gegen Armut", und bei "Sabine Christiansen" war er live zugeschaltet.

Paul David Hewson, wie Bono eigentlich heißt, wirkt beseelt von der Vorstellung, als Kreuzritter der Armen durch die Welt zu jetten. 2005 diktierte er vor einem Vier-Augen-Gespräch mit George Bush im Weißen Haus dem Rolling Stone in die Blöcke: "Ich repräsentiere die ärmsten und verwundbarsten Menschen dieser Welt."

Ach. Wer die Homepage einer Finanz-Firma ansteuert, die Bono 2004 mit-gegründet hat, könnte allerdings auch zu dem Schluss kommen, der selbsternannte Robin Hood eines ganzen Kontinents verkörpere vor allem eines: den äußerst cleveren Geschäftsmann.

Der Charmeur als Heuschrecken-Chef

Die unbekanntere Bono-Gesellschaft heißt Elevation Partners, benannt nach dem U2-Song Elevation, und residiert in New York und San Francisco. Es ist eine Private-Equity-Gesellschaft: eine Heuschrecke an der Wall Street.

Ein solcher Finanzinvestor verdient sein Geld in der Regel damit, Anteile von Firmen zu kaufen, um später mit hohem Gewinn auszusteigen. Bono fungiert als Gesellschafter von Elevation.

Er ist Managing Director, einer von fünf Chefs. In einer Image-Broschüre wirbt das Unternehmen unverblümt mit den ausgezeichneten Kontakten des Sängers: "In den vergangenen Jahren hat Bono erfolgreich mit den Regierungen Bush und Clinton zusammengearbeitet, um das US-Engagement in Fragen der Entwicklungspolitik deutlich zu erhöhen."

Will man seinen edlen Ruf zu Geld machen, den sich Bono als Kämpfer für die Armen und Geknechteten dieser Welt erworben hat? Zweimal schon war Bono ja für den Friedensnobelpreis nominiert, die Queen adelte ihn zum Ehrenritter des Höchsten Ordens des britischen Imperiums.

Das amerikanische Magazin Time kürte Bono 2005 zur "Person des Jahres": Bonos große Gabe seien "Charme, Klarheit der Stimme und die Fähigkeit, Menschen in ihrem innersten Herzen zu berühren". Das Time-Titelbild von 2005 lässt sich bei Elevation herunterladen - offenbar eine Art Referenz.

Lesen Sie im folgenden Teil, warum Bono seinem Heimatland untreu geworden ist.

Finanzinvestoren haben es natürlich gerne, Prominente in ihren Reihen zu wissen. Sie können als Türöffner dienen bei neuen Geschäften. Mit dieser Absicht beschäftigt etwa in Deutschland die Private-Equity-Gesellschaft Cerberus den ehemaligen Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping (SPD).

Die konkreten Fragen von sueddeutsche.de zu Bonos genauer Rolle und Funktion im Vorstand beantwortete Elevation übrigens nicht en detail, sondern schickte als Pauschalantwort einen bereits veröffentlichten Artikel der Zeitschrift Bloomberg Markets. Titel: "Bonos Buyout-Firma".

Darin heißt es, die Idee zur Gründung von Elevation stamme von Bono. Einen Tag in der Woche widme der Rockstar den Geschäften - gelegentlich werbe er persönlich bei möglichen Investoren um Geld. Undsoweiter.

Elevation Partners lebt unverblümten Kapitalismus. 1,9 Milliarden Dollar sammelte das Unternehmen bereits ein, hauptsächlich bei Pensionsfonds. Etwa eine Milliarde Dollar dürften bereits angelegt sein - fast ausschließlich in Unternehmen aus der Medienbranche. Anfang Juni sicherte sich Elevation 25 Prozent an Palm, dem Hersteller von Kleincomputern. Erstes Investment war 2005 Move.com, Betreiber einer Immobilien-Website.

Im vorigen Sommer kaufte Elevation von der Eigentümerfamilie etwa 40 Prozent am Forbes-Verlag. Darin erscheint das gleichnamige Magazin. Es gilt als "Bibel des Kapitalismus".

Fast alle Themen behandeln die sinnvolle Anlage von Geld und die Vorzüge der freien Marktwirtschaft. Im Konkurrenzblatt Business Week erklärte Elevation-Partner Roger McNamee damals, Bono befürworte das Investment ausdrücklich: "Wenn er dagegen gestimmt hätte, hätten wir es nicht gemacht."

Vom Gutmenschentum, das den Sänger umwölkt, ist bei einem anderen Elevation-Investment rein gar nichts zu erkennen. Im Gegenteil. 300 Millionen Dollar steckte Elevation in die Bioware Pandemic Studios, zwei Hersteller von Computerspielen.

Einer der Hits: "Destroy all humans", "Zerstöre alles Menschliche". Wer spielt, wandelt virtuell als Alien durch die Welt. Offizieller Werbespruch des Herstellers: "Benutze die Zündkapsel, den Gehirn-Zerschmetterer (...), um kraftlose Menschen auszurotten."

"Muss man denn ein Idiot sein, wenn man Musiker ist?"

Nicht nur die Elevation-Investments nähren Zweifel an dem öffentlichen Bild, das Bono gern von sich zeichnen lässt. Vor einem Jahr verlegte U2 seinen Steuersitz aus der Heimat Irland in die Niederlande.

Der Grund: Der Inselstaat kappte Steuerprivilegien für Künstler. "Ich kenne kein einziges Unternehmen, das mehr Steuern zahlt als es zahlen muss", rechtfertigte sich Bono. "Muss man denn ein Idiot sein, wenn man Musiker ist?"

Doch die Flucht aus Irland hat einen faden Beigeschmack: Im Jahr 2005 hatte Bono den irischen Regierungschef Ahern während eines U2-Konzertes kritisiert, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg, die Elevation ja für äußerst glaubwürdig hält.

Bonos Anklage: Ahern wolle die Staatsausgaben für Afrika nicht erhöhen. Die Konzertbesucher buhten den irischen Regierungschef aus. Dabei stammen Staatsausgaben aus Staatseinnahmen - und das sind nun einmal Steuergelder, die Herr Bono Herrn Ahern nicht mehr zahlen möchte.

Vor wenigen Tagen erschien im amerikanischen Forbes-Magazin, an dem Bono nun beteiligt ist, ein interessanter Essay. Darin wird über die "oberen fünf Prozent der Menschheit" fabuliert. Diese Gruppe lasse sich splitten: Ein Teil wolle ständig die Welt verbessern. Der andere Teil kümmere sich darum, sein Geld zu mehren.

Laut Forbes ist jedoch Geldgier angenehmer als Gutmenschentum: "Das macht die Welt einfacher." Dass es eine Gruppe gibt, die gierig ist und zugleich die Welt verbessern will, fiel unter den Tisch. Vielleicht fragen die Reporter mal bei einem ihrer Eigentümer nach, wie das alles unter einen Cowboyhut aus Stroh passt.

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