Der letzte Treueschwur:Dieter Zetsches schwere Mission

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Dieter Zetsche war nicht zu beneiden: Aus der schönen Bilanzfeier in Detroit wurde nichts. Stattdessen fiel ihm die Aufgabe zu, ein ,,Massaker'' zu exekutieren - so zumindest die amerikanische Tageszeitung USA Today.

Dagmar Deckstein

Das hatte sich Dieter Zetsche anders vorgestellt. Vor einem Jahr noch verkündete der neue DaimlerChrysler-Chef, gerade mal sechs Wochen Nachfolger von Jürgen Schrempp an der Konzernspitze, dass die jährliche Bilanzvorlage des Autokonzerns von nun an alternierend in der Daimler-Heimat Stuttgart und am Chrysler-Standort in Detroit stattfinden solle.

Aber es kam dann doch alles ganz anders: Aus der schönen Bilanzfeier an diesem Mittwoch in Detroit wurde nichts. Nichts Geringeres als das ,,Massaker am Valentinstag'' zu exekutieren - so die amerikanische Tageszeitung USA Today stand auf dem Programm des DaimlerChrysler-Chefs.

Schon seit Monaten wollen die Gerüchte nicht verstummen, die Zeit für eine endgültige Trennung von Daimler und Chrysler sei überreif.

Analysten warten auf einschlägiges Signal

Insbesondere die Analystenzunft wartet seit langem auf ein einschlägiges Signal vom Konzernchef. Entsprechend lau fiel denn auch jetzt Zetsches Treueschwur fürs amerikanische Sorgenkind aus, dem erst einmal ein neues Sanierungsprogramm verordnet wurde - so als eine Art letzte Bewährungsprobe, die er dem Unternehmen gestattet will.

Dieter Zetsche trägt schwer an der Last, die ihm Jürgen Schrempp aufgebürdet hat. Dabei ist der 54-jährige Konzernmanager von ganz anderer Natur als sein umstrittener Vorgänger an der Konzernspitze.

Wo Schrempp zum Beispiel gar nicht daran dachte, mit den Mitarbeitern in der Werkskantine sein Essen einzunehmen - ,,ich lasse mich doch nicht wie im Zoo bestaunen'' -, pflegt Zetsche den unkomplizierten und direkten Umgang mit den Beschäftigten.

Seine Mitarbeiter loben an ihm, dass die feudalistischen Umgangsformen der Schrempp-Ära einem viel entspannteren Miteinander gewichen seien.

Zetsche ist ein reines Daimler-Gewächs. Der promovierte Ingenieur, der 1976 zur damaligen Daimler-Benz AG kam, leitete unter anderem die amerikanische Lkw-Tochter Freightliner, er war in Brasilien und Argentinien in führender Funktion, er hat Pkws entwickelt und war im Mercedes-Vorstand für den Vertrieb zuständig.

Schnell akzeptiert

Obwohl er auch nach fünf Jahren in den USA noch mit stark deutschem Akzent Englisch sprach, war er in der amerikanischen Autowelt schnell akzeptiert.

Mit seiner unkomplizierten Art war Zetsche bei Mitarbeitern wie Medien schnell der sympathische ,,Dieter'' mit dem Walrossbart. Er engagierte sich in Detroit auch außerhalb des Unternehmens, indem er sich für die Sanierung des Zentrums der Autostadt einsetzte.

Nur auf dem hart umkämpften amerikanischen Markt scheint der Charme des neuen Konzernchefs nicht angekommen zu sein.

Letzten Sommer lancierte Chrysler TV-Spots mit Zetsche in der Hauptrolle: Er war ,,Dr.Z'', der die Vorzüge der Chrysler-Autos pries. Das funktionierte nicht: Die Amerikaner hielten diesen Dr. Zetsche für eine erfundene Kunstfigur.

© SZ vom 15.02.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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