Debatte um Giftmüllimporte:Das Geschäft mit dem Dreck

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Australien schickt 22.000 Tonnen Chemikalien zur Entsorgung nach Schleswig-Holstein. Das empört nicht nur die Grünen.

Der Streit um die Verbrennung australischen Giftmülls in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen geht in eine neue Runde.

Ein Greenpeace-Aktivist bei einer Protestaktion gegen die unfachgemäße Entsorgung von Giftmüll. (Foto: Foto: Reuters)

Mit Verweis auf eine Rechtsauskunft der EU-Kommission vertraten die Grünen im Düsseldorfer Landtag am Freitag die Auffassung, die schwarz-gelbe Landesregierung könne entgegen eigenen Angaben den geplanten Import von Hexachlorbenzolen (HCB) verhindern.

Laut der Rheinischen Post muss Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) nun in einer Sitzung des Landtags-Umweltausschusses kommende Woche erklären, warum der Giftmüll des australischen Chemiekonzerns Orica dennoch "freien Weg nach NRW" haben solle. Im Gegenzug bekräftigte das Landesumweltministerium seine Auffassung, die Bedingungen für eine Verweigerung des Müllimports seien nicht erfüllt.

Verbrennung in Spezialanlagen

Bei dem Streit geht es um insgesamt 22.000 Tonnen HCB, die Medienberichten zufolge unter strengen Sicherheitsvorkehrungen von Australien nach Schleswig-Holstein gebracht und anschließend in Spezialanlagen in Brunsbüttel, Herten, Dormagen und Leverkusen verbrannt werden sollen.

Umweltschützer und Anwohner der Verbrennungsanlagen machen seit Wochen Front gegen das Vorhaben, von dem nach ihrer Einschätzung Gesundheitsgefahren ausgehen. Laut Rheinischer Post hatte auch Uhlenberg wiederholt betont, er lehne den Import wegen der "erheblichen Risiken" zwar ab, das europäische Recht lasse ihm aber keine Möglichkeit für ein Verbot.

Nach Brüsseler Lesart sei das Land jedoch rechtlich nicht zur Annahme des Abfalls verpflichtet, berichtete die Zeitung weiter. "Aus unserer Sicht ergibt sich aus EG-Recht keine Verpflichtung zur Genehmigung für die deutschen Behörden", zitierte das Blatt die Sprecherin von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas.

Import könnte abgelehnt werden

Auch wenn Australien nicht über geeignete Verbrennungsanlagen verfüge und Betreiber in NRW zur Entsorgung bereit und in der Lage seien, könne der Import abgelehnt werden, verlautete dem Bericht zufolge aus der EU-Generaldirektion Umwelt.

Der Düsseldorfer Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Johannes Remmel warf der Landesregierung daraufhin vor, sie spiele "offensichtlich mit verdeckten Karten". "Während der zuständige Minister darauf pocht, dass sich seine betreffende Behörde bei ihrer Prüfung an die EG-Abfallverbringungsordnung halten müsse und deshalb verpflichtet sei, den Giftmüll aus Australien anzunehmen, ist die EU-Kommission anderer Meinung."

"Müll-Klo der halben Welt"

Der Umweltverband BUND forderte Uhlenberg mit Blick auf den Zeitungsbericht auf, einen sofortigen Importstopp für den giftigen Sondermüll aus Australien zu verhängen. Wegen in den 90er Jahren aufgebauter "Verbrennungs-Überkapazitäten" sei Nordrhein-Westfalen angesichts einer jährlichen Menge von mehr als 600.000 Tonnen Import-Sondermülls schon jetzt das "Müll-Klo der halben Welt".

Eine Sprecherin Uhlenbergs wies die Vorwürfe der Grünen zurück. Eine Verweigerung des Giftmüllimports sei nur unter "bestimmten Voraussetzungen" möglich, unter anderem wenn die Verbrennungsanlagen nicht zugelassen seien oder inländischer Müll wegen des Imports nicht verbrannt werden könne. Die in der Verordnung verankerten Voraussetzungen für ein Importverbot seien aber "in diesem Fall nicht gegeben".

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