Das Ding:Frühlingsgefühle

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Man muss die Steuererklärung lieben lernen und sie als ein Geschenk verstehen. 500 Euro bekam ein durchschnittlicher Steuererklärer in den vergangenen Jahren zurück. Wenn das noch kein Ansporn ist.

Von Jan Willmroth

Die Zeit der Drückeberger naht wieder, es ist Frühjahr in Deutschland, Knospen an den Bäumen, Frühlingsgefühle, das Grün kehrt zurück - oh Schreck! Stimmt ja, auch auf den amtlichen Formularen, mit denen die Finanzämter von den Bürgern in diesem Land verlangen, ihre Steuern zu erklären. Ist es wirklich schon wieder so weit? Der Farbe Grün wird ja eine beruhigende Wirkung nachgesagt. Ein naheliegender Verdacht, dass die hellgrüne Färbung der Vordrucke für die Steuererklärung nicht zufällig gewählt ist.

Ist doch auch verständlich, all die Aufregung und Unlust, diese amtlich verordnete Gängelung. Steuererklärung, das ist ein Wort aus der gleichen Kategorie wie "Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung", das klingt nach Bürokratie, nach viel zu viel Aufwand. Hach, wie schön wäre es doch, wenn man die Steuererklärung auf einem Bierdeckel machen könnte! In Deutschland ist alles so kompliziert, und wenn der Staat einem das Geld aus der Tasche zieht, muss man das auch noch "erklären". Staubt doch erst einmal ab in euren Amtsstuben!

Nein, es ist überhaupt nicht verständlich, und wenn sich das nächste Mal jemand beschwert über seine Steuererklärung, dann muss man ihr oder ihm einmal vortragen, wie wenig es erstens hilft zu lamentieren, und dass doch diese Vielfalt der Möglichkeiten im Steuerrecht ein großes Glück ist für all jene, die in Deutschland ihr Geld verdienen. Man muss die Steuererklärung lieben lernen, sie als ein Geschenk verstehen, als eine Einladung zu Cleverness. Mit Durchschnitten soll man ja aufpassen, aber nur mal so: 500 Euro bekam ein durchschnittlicher Steuererklärer in den vergangenen Jahren zurück! Das Ausfüllen der Formulare sollte zum Akt der Freude werden, wie die Ereigniskarte bei Monopoly. "Einkommenssteuerrückzahlung", herrlich! Das wäre dann auch vereinbar mit den Frühlingsgefühlen.

© SZ vom 28.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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