Cyber-Währungen:Wie im Wilden Westen

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Beim Initial Coin Offering schaffen Start-ups digitale Währungen und verkaufen das Geld teuer an Anleger. Mitunter sind Betrüger am Werk.

Von Victor Gojdka

Finanzbehörden sind üblicherweise nicht für ihre spritzigen Formulierungen bekannt. Es muss also um etwas gehen, wenn der oberste österreichische Finanzaufseher auf einer Pressekonferenz in Wien sagt: "Das ist ein bisschen wie Wilder Westen." Gemeint waren sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs).

Ein Verfahren, bei dem Start-ups digitale Währungen schaffen und ihre Cyber-Münzen für Millionen Dollar an Anleger verkaufen. Doch mitunter sind auch Betrüger am Werk, die Unternehmen abzocken und Verbraucher neppen.

Das geht zum Beispiel mit sogenannten Pump-and-Dump-Strategien: Dabei verabreden sich Betrüger zum Kauf einer Digitalwährung und treiben damit den Wert ihrer Münzen. Mit dieser Wertsteigerung betreiben sie dann Bauernfängerei, lassen Promis für ihre Cyberwährungen werben, promoten ihre Münzen in sozialen Netzwerken wie Telegram oder Reddit. Dann springen unbedarfte Anleger auf den Zug auf, kaufen und treiben den Kurs weiter. Die Betrüger verkaufen ihre Münzen schließlich alle auf einen Schlag mit Gewinn - und lassen den Kurs der Währung in sich zusammensacken.

Andere Start-ups indes werben mit vollmundigen Versprechen, gaukeln ihre Geschäftstätigkeit aber nur vor. So enttarnte die US-amerikanische Börsenaufsicht kürzlich ein Start-up, das im Zusammenhang mit seinen Digitalmünzen mit einem Team von Anwälten und Buchhaltern warb. In Wahrheit hatten die Unternehmer den Angaben der Behörde zufolge jedoch nie Berater angestellt, geschweige denn überhaupt konsultiert.

Bei der dritten Masche betätigen sich die Betrüger als Kopisten: Internetseiten, mit denen Unternehmer für ein ICO werben, tauchen in identischem Design unter anderer Internetadresse auf. Statt in das digitale Portmonee der Unternehmer fließt das Geld für die digitalen Münzen bei diesen gefälschten Seiten allerdings auf die Konten der Betrüger. Nicht nur deswegen warnte die deutsche Finanzaufsicht Bafin kürzlich, ICOs bedeuteten für Anleger "ein enormes Risiko".

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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