Cyber-Versicherung:Wider den Datenklau

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Ehe man sich's versieht, sind die Daten weg und der Ärger groß. Verschiedene Versicherer haben auch schon Policen für Privatleute im Angebot - aber helfen die im Falle des Falles auch weiter? Verbraucherschützer sind skeptisch.

Von Anne-Christin Gröger, Köln

Die Sängerin Adele ist dafür bekannt, sorgfältig mit Informationen und Bildern aus ihrem Privatleben umzugehen und nur wenige zu veröffentlichen. Umso wütender reagierte sie, als sich im Frühjahr dieses Jahres Hacker Zugang zum privaten E-Mail-Account ihres Lebensgefährten verschafft hatten. Dort hatten sie private Bilder von Adele, teilweise aus ihrer Kindheit, gestohlen und auf Facebook gestellt. Nachdem der Diebstahl bekannt geworden war, forderte ihr Management die Täter auf, die Bilder zu löschen. Mittlerweile sind sie aus dem Netz verschwunden.

Der Fall zeigt: Auch wer sich im Internet vorsichtig verhält, kann jederzeit Opfer von Cyber-Kriminellen werden. Richtig teuer werden kann es, wenn die Hacker Online-Bankkonten knacken und plündern, Kreditkartendaten stehlen und die Informationen für Shopping-Touren verwenden oder über den gehackten Computer illegal Filme und Musik herunterladen.

Die Leistungen konzentrieren sich oft auf juristische Unterstützung

Da verwundert es nicht, dass die Versicherungswirtschaft den Bereich Cyber-Crime für sich entdeckt hat. Für Privatkunden spielte er bisher nur eine kleine Rolle. Als erster Versicherer ging die Arag mit einer Deckung für private Internetnutzer auf den Markt. Die Police Webaktiv soll bei Problemen mit Online-Käufen oder Kreditkartenbetrug greifen. Außerdem soll sie Kunden, die im Internet gemobbt oder beleidigt werden, professionelle Hilfe bieten. Auch die R+V und die Stuttgarter SV-Sparkassenversicherung bieten speziellen Deckungsschutz für Privatleute. Dagegen haben Roland und die Ergo-Tochter DAS ihre separaten Internetpolicen aus dem Sortiment genommen und bieten Online-Schutz stattdessen als Teil der Leistung in Rechtsschutzversicherungen an.

Die Leistungen der Versicherer konzentrieren sich oft auf die juristische Unterstützung nach Cyber-Angriffen. Wird etwa das eigene Kind in sozialen Netzwerken gemobbt, vermittelt Arag einen Anwalt, der sich um die Löschung der Daten kümmert. Wenn eine Abmahnung wegen illegalen Downloads im Briefkasten landet, zahlt der Versicherer eine Erstberatung.

Die SV-Sparkassenversicherung und der Versicherer R+V bieten neben der Rechtsberatung auch die psychologische Betreuung von Mobbingopfern. "Familien mit Kindern sind eine unserer Hauptzielgruppen", sagt Expertin Tina Viebahn von der R+V. "Viele Eltern wissen nicht, was ihre Kinder am PC so alles machen und womit sie konfrontiert sind."

Auch finanzielle Schäden sind versichert - etwa bei Betrug beim Online-Kauf oder beim Onlinebanking. Hier erstattet die R+V maximal 10 000 Euro. Für gestohlene Fotoaufnahmen oder Beleidigungen im Internet gibt es allerdings kein Geld, sondern Unterstützung in Form eines Juristen, IT-Spezialisten oder Psychologen. Bei der Arag sind solche sogenannten Vermögensschäden nur in der erweiterten Variante Webaktiv Plus mitversichert.

Insgesamt kostet die Police der R+V für Singles 99 Euro pro Jahr, für Familien 139 Euro. Bei der Arag muss der Kunde für die günstigere Single-Variante des Standard-Tarifs etwa 96 Euro zahlen, für Familien sind 113 Euro fällig. Die erweiterte Police, die auch finanzielle Schäden deckt, kostet zwischen 130 Euro und 146 Euro. Ausgeschlossen sind Rechtsverstöße jeglicher Art. "Wenn ein Kunde illegal Filme oder Musik herunterlädt und damit eine Urheberrechtsverletzung begeht, können wir das selbstverständlich nicht versichern", sagt Viebahn. "Auch der Kauf von gefälschten Markenprodukten ist ausgeschlossen."

Verbraucherschützer sehen das Angebot der Versicherungen kritisch. Zum einen, weil man viele Leistungen auch selbst übernehmen könne, sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Außerdem sind viele Internetrisiken oft in Haftpflicht- oder Rechtsschutzpolicen mitversichert. Hinzu kommt das Problem der Beweislast: "Geschädigte müssen dem Versicherer beweisen, dass Kriminelle sich Zugriff auf Accounts verschafft haben, und das ist oft schwierig", sagt Weidenbach. Sie bezweifelt, dass der Versicherungsschutz im Ernstfall greift wie angeboten. Beim Onlinebanking komme hinzu, dass zunächst die Bank in der Pflicht sei, den Kunden zu entschädigen. Wenn etwa der Bank Zugangsdaten gestohlen wurden, ist das nicht das Verschulden des Versicherten. "Da müssen sich die Banken schon selbst kümmern."

© SZ vom 26.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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