Chronologie:Das Drama in unzähligen Akten

Lesezeit: 1 min

Tengelmann würde so gern an Edeka verkaufen. Geht aber nicht. Schon 1999 platzte der erste Deal. Später wurden die Mülheimer immerhin ihre Discounter los - an Edeka.

Von Michael Kläsgen, München

Schon 1999 platzt der erste Verkauf von Tengelmann an Edeka. Damals geht es noch um 1300 Märkte. Die Verhandlungen scheiterten, weil Edeka nur die Filetstücke, also die gewinnbringenden Märkte, kaufen wollte. Tengelmann beschließt darauf, sich auf die Regionen Berlin, Nordrhein, Rhein-Neckar und München/Oberbayern zu konzentrieren. Etwa 550 Filialen außerhalb dieser "Kernmärkte" werden geschlossen, in Plus-Filialen (damals Discounter von Tengelmann) umgewandelt oder verkauft. Gut 130 Supermärkte verkauft Tengelmann an Edeka. 2007 übernimmt Edeka zudem Plus.

Es entsteht ein neuer Discount-Riese mit einem Umsatz von elf Milliarden Euro. Das Kartellamt muss der Fusion zustimmen und genehmigt sie 2008 unter Auflagen. Knapp 400 Plus-Filialen müssen an Konkurrenten abgegeben werden. Zudem müssen Edeka und Tengelmann Waren getrennt einkaufen. Edeka übernimmt 2009 mehr als 2300 Plus-Märkte und handelt einen starken Preisnachlass aus. Gleichzeitig baut Tengelmann radikal um. 2010 werden die Filialen in Rhein-Neckar verkauft und die Kaiser's-Zentrale von Viersen nach Mülheim verlegt. 65 der Märkte an Rhein und Neckar gehen an Rewe, 20 an Tegut. Einzelne werden in privat geführte Edeka-Märkte umgestaltet. 2014 schließt Tengelmann 27 von 154 Kaiser's- Filialen in NRW. Alle schreiben Verlust. Die Unternehmensberatung McKinsey prüft Tengelmann.

Verkaufsgerüchte flammen erneut auf. Im Juli 2014 kündigt Tengelmann an, seine zehn Logistikstandorte verkaufen zu wollen. Im Oktober 2014 werden die Gerüchte wahr. Edeka gibt bekannt, alle Märkte von Kaiser's-Tengelmann kaufen zu wollen. Tengelmann will aus dem Lebensmittelhandel aussteigen. Beide Unternehmen einigen sich auf eine Übernahme zum 30. Juni 2015. Der Verkauf an den Edeka-Verbund umfasst 451 Filialen mit knapp 16 000 Mitarbeitern. Zum Preis machen beide Seiten keine Angaben. Im April 2015 untersagt das Bundeskartellamt die Pläne. Begründung: Die Wettbewerbsbedingungen würden sich verschlechtern. Kurz darauf beantragen beide Konzerne eine Ministererlaubnis. Edeka und Tengelmann drohen mit dem Verlust von 8000 von 16 000 Jobs. Edeka klagt gegen das Kartellamt. Im August 2015 spricht sich die Monopolkommission gegen die Ministererlaubnis aus. Im November findet die öffentliche Anhörung zur Fusion im Wirtschaftsministerium statt. Minister Sigmar Gabriel wohnt ihr knapp sechs Stunden bei.

Im Januar deutet Gabriel an, die Fusion zu genehmigen, unter harten Auflagen. Im März winkt er die Fusion durch. Konkurrent Rewe reicht Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht untersagt im Juni trotz der anstehenden Fusion einen gemeinsamen Einkauf. Am 12. Juli lässt es die Fusion vorerst platzen.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: