Chinesische Übernahmen:Was kostet die Welt?

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China will, dass seine Firmen schnell zur Weltspitze aufschließen. Das geht nur, indem sie ausländische Unternehmen kaufen. Dagegen regt sich in vielen Ländern Widerstand.

Von Christoph Giesen

Bis vor einigen Monaten waren chinesische Übernahmen in Deutschland etwas für Experten, irgendwelche Werkzeugmaschinenbauer in der Provinz, die Geld, vor allem aber Hilfe beim Erschließen des chinesischen Marktes brauchten. Immer ging es um Millionen, nie um Milliarden. Inzwischen aber ist das Volumen der Übernahmen in Deutschland förmlich explodiert: um sagenhafte 2000 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Fast täglich bekommen Beraterfirmen Anrufe, von chinesischen Unternehmern, die nach einer deutschen Firma fahnden. Der Grund für die plötzliche Shoppingsucht nennt sich "Made in 2025". Es ist ein Strategiepapier, das die chinesische Führung im vergangenen Jahr vorgestellt hat. Die Wirtschaft der Volksrepublik soll innovativer und grüner werden. Die einzige Chance: Zukäufe. Detailliert wird in dem Papier vorgegeben, in welchen Branchen chinesische Hersteller welche Marktanteile erzielen sollen. Ob in der Medizintechnik, im Halbleiterbau oder bei Elektroautos - überall sollen Chinas Firmen in nur wenigen Jahren vorne liegen.

Im Fokus: die Hochtechnologienationen. Die USA, Japan, Deutschland und die Schweiz. In Japan hat es bisher noch keine nennenswerten Deals gegeben. Der Markt ist stark abgeschottet. Offener sind da schon die USA, allerdings greifen auch dort die Behörden regelmäßig ein, etwa bei der Übernahme der Philips-LED-Sparte durch einen chinesischen Investor. In Deutschland oder der Schweiz sind die Hürden noch am niedrigsten. Kaum ein Wunder also, dass die bisher größte chinesische Übernahme Anfang des Jahres in der Schweiz verkündet wurde: Für 43 Milliarden Dollar kauft das staatliche Chemiekonglomerat Chem-China den Agrarkonzern Syngenta.

Auch in Deutschland wird inzwischen intensiv über Offerten aus Fernost diskutiert. Zunächst wegen der Übernahme des Roboterherstellers Kuka, aktuell wegen des Chip-Anlagenbauers Aixtron, dem die Bundesregierung auf Anfrage amerikanischer Behörden eine bereits erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung entzogen hat. Die chinesische Regierung hat das irritiert. "Wenn sich irgendeine dritte Partei in diese Investitionsgeschäfte einmischt, dann schadet das dem deutsch-chinesischen Verhältnis", sagte ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums am Freitag.

Immer mehr Politiker fordern jedoch Reziprozität - wenn China sich weltweit einkauft, sollte das im Gegenzug auch möglich sein. In China ist es ausländischen Firmen allerdings untersagt, etwa Medienunternehmen, Telekommunikationskonzerne oder Banken zu übernehmen. Die OECD stuft deshalb China als das restriktivste Industrieland ein: Platz 59 von 59 Staaten.

30 million LED lights create dreamy world in north China Visitors walk under a tunnel of LED lights during a light art festival in Zhangjiakou city, north China's Hubei province, 4 July 2016. A light art festival opened to the public in Zhangjiakou, north China's Hebei province on Monday (4 July 2016), featuring more than 30 million LED lights to create a dreamy world. (Foto: Chen xiaodong - Imaginechina)
© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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