Chinas Taximarkt:In der Grauzone

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Reguläre Taxis wie hier in Peking sind teurer als die der Fahrdienste, die daher großen Zulauf haben. (Foto: Kevin Frayer/Getty Images)

Der Fahrdienst Uber fürchtet die Regulierung in China und setzt auf Partner. Die braucht er aber auch wegen der starken inländischen Konkurrenz, die schon länger am Markt ist.

Von Marcel Grzanna, Shanghai

Für Wang Yu endete eine Fahrt mit dem Fahrdienst Uber kürzlich in einem Polizeifahrzeug. Der junge Mann hatte sich verbotenerweise von einem Privatchauffeur der US-Firma durch Shanghai kutschieren lassen, als der Wagen in eine Routinekontrolle geriet. Die Beamten stoppten das Auto und brummten dem chinesischen Fahrer eine Strafe von 30 000 Yuan, rund 4200 Euro auf. Wang Yu kam ungeschoren davon, die Polizisten nahmen ihn sogar im Dienstwagen mit. Wohl in der Euphorie über den dicken Fisch, den sie aus dem Verkehr gezogen hatten. Denn für jeden illegalen Uber-Fahrer, den sie erwischen, kassieren sie einen ordentlichen Bonus, wie sie dem erschrockenen Fahrgast sagten.

Dass es einen Uber-Fahrer erwischte, ist aber Zufall. Es hätte genauso gut auch einer des chinesischen Konkurrenten Didi Kuaidi sein können. Bei beiden Firmen sitzen zum Teil Privatleute am Steuer, die keine offizielle Lizenz besitzen. Der Popularität der Angebote tut das aber keinen Abbruch. Chinesische Kunden nutzen Uber und Didi Kuaidi als willkommene Alternativen, auch wenn jeder weiß, dass die Behörden ihnen keine Genehmigung erteilt haben. Der Grund ist simpel genug: Sie sind noch billiger als andere Angebote.

Mehrere Millionen Fahrten pro Tag vermitteln die Unternehmen daher in mehreren Hundert Städten in China. 90 Prozent davon gehen wohl auf das Konto von Didi Kuaidi. Uber erledigt den Rest. Exakte Zahlen gibt es nicht, nur Schätzungen.

An dieser ungleichen Marktaufteilung wird sich eine Weile wohl kaum etwas ändern. Didi Kuaidi war nicht nur früher am Markt als Uber, es hat auch finanzstarke Investoren im Hintergrund. Die beiden größten Internetkonzerne des Landes, Alibaba und Tencent, haben sich Anteile gesichert. Tencent mehr noch als der Börsenrekordler Alibaba. Allerdings hält auch die japanische Softbank Anteile an Didi Kuaidi. Die Bank wiederum gehört zum Teil dem Alibaba-Konzern. Zusammen sind sie stärker als Tencent. Ziel der Firmen ist es, über die Taxi-Applikation fürs Handy weitere Dienstleistungen aus ihrem Imperium zu bewerben und zu verkaufen.

Uber, das mit eine Bewertung von über 41 Milliarden Dollar als das am zweithöchsten dotierte Start-up der Welt gilt, ist jedoch nicht untätig. Die Amerikaner haben jetzt in einer neuen Finanzierungsrunde 1,2 Milliarden US-Dollar bei chinesischen Investoren eingesammelt, teilte das Unternehmen mit. Es könnten sogar noch "Hunderte Millionen zusätzlich" fließen, wird gemunkelt. Zu den Geldgebern zählt erneut Chinas Nummer drei unter den IT-Riesen, die Suchmaschine Baidu. Für Uber sind das gute Nachrichten. Denn es benötigt ebenso mächtige Partner, um der Marktgewalt von Didi in China etwas entgegensetzen zu können. Analysten vermuten jedoch, dass es den Amerikanern nicht darum geht, den chinesischen Branchenführer anzugreifen, sondern seinen Marktanteil vor allem zu behaupten und vielleicht etwas auszubauen. Bei mehreren Millionen Fahrten täglich sind zehn Prozent immer noch ein lukratives Geschäft.

Um neue Kunden zu gewinnen oder alte Kunden zu binden, investiert Uber viele Millionen Dollar in China. Es hagelt Freifahrten und Rabatte an die Nutzer und Extrazahlungen an die Fahrer. Doch über allem schwebt die Frage, wie lange die chinesische Regierung die Amerikaner noch gewähren lässt. Das Transportministerium hat die Branche genau im Auge, heißt es, angeblich um die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten.

Ein großes Problem ist die Zahl unlizenzierter Fahrer, die über die Apps ihre Dienste anbieten. Uber hat dieses Problem noch nicht in den Griff bekommen, auch weil eine klare Regelung der Regierung fehlt. Im vergangenen Jahr untersuchten die Behörden deshalb sogar ein Büro des Unternehmens in Westchina. Gerüchte, dass Uber in China verboten wird, entpuppten sich jedoch als falsch. Man befinde sich in regelmäßigem Austausch mit den Behörden, ließ Uber verlauten.

Protektionismus seitens der chinesischen Regierung spielt im Fall Uber wohl zurzeit keine Rolle. Denn auch Kuaidi plagen die gleichen Probleme wie die Amerikaner. Auch dort sind Fahrer im Einsatz, die keine Erlaubnis haben, und man fürchtet Verbote der Behörden. Das Unternehmen ging zu Jahresbeginn aus einer Verschmelzung der beiden Konkurrenten Kuaidi und Didi hervor. Sie haben sich gerade deshalb zusammengetan, vermuten Beobachter, um ihre Gegner bei den Behörden in die Knie zu zwingen. Auch das sind gute Nachrichten für Uber, weil die Firma im Sog von Erfolgen von Didi Kuaidi im Genehmigungsprozess wohl ebenfalls profitieren würde.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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