Check 24:"Das Internet gewinnt"

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Die Zahl der versicherten Autos in Deutschland steigt nur leicht. (Foto: mauritius images)

Das Vergleichsportal Check 24 wächst mit Rekordwerten. Davon können die meisten Autoversicherer in Deutschland nur träumen. Die Branche ist im Umbruch.

Von Herbert Fromme, Köln

Versicherungsvermittler werfen dem Vergleichsportal Check 24 Verstöße gegen Wettbewerbsregeln vor. Verbraucherschützer behaupten, das Portal, das neben Versicherungen auch Kredite, Mietwagen, Handy- und Energieverträge vermittelt, sei intransparent. Politiker fordern die Offenlegung aller Provisionen durch Vergleichsportale. Noch nie war der Marktführer bei den Online-Vergleichern so stark unter Druck wie jetzt. Gründer und Vorstandsmitglied Henrich Blase gibt sich allerdings entspannt. Zu den juristischen Streitereien sagt er wenig - das Geschäftsmodell des Portals sei in keiner Weise gefährdet. Lieber verweist er auf die aktuellen Wachstumszahlen seines Unternehmens. Sie dürften in der Versicherungsbranche Unruhe auslösen.

Denn in seiner größten Sparte, der Autoversicherung, hatte Check 24 Ende 2015 Verträge für 1,05 Millionen Fahrzeuge im Bestand. "Im Vorjahr waren es erst 908 000", sagt Blase. Ein Wachstum von 16 Prozent - davon können die meisten Autoversicherer nur träumen. Die Zahl der versicherten Fahrzeuge in Deutschland stieg 2015 um nur 1,6 Prozent auf 62 Millionen. Die digitale Umwälzung von Wirtschaft und Gesellschaft ist in der Versicherungsbranche angekommen. Traditionelle Versicherungsvertreter und Makler verlieren, Online-Anbieter wachsen.

Das gilt auch für die Versicherer selbst, nicht nur für die Vermittler. Beispiel Allianz: Ende 2003 lag der größte deutsche Versicherer mit 8,8 Millionen versicherten Fahrzeugen klar vor der HUK-Coburg mit 6,8 Millionen Wagen. Aber während die HUK-Coburg seit dem Jahr 2000 mit der Tochter HUK 24 den Online-Abschluss ermöglicht und die Kosten niedrig hält, schwankte die Allianz lange, ob sie einen Internet-Abschluss ermöglichen sollte oder nicht - die Vertreter waren jahrelang strikt dagegen. Das Ergebnis: Ende 2015 hatte die Allianz noch 8,3 Millionen Fahrzeuge, obwohl die Gesamtzahl in Deutschland seit 2003 um 17 Prozent zunahm. In zwölf Jahren hatte sie 500 000 Kunden verloren. Die HUK-Coburg-Gruppe versichert inzwischen 10,7 Millionen Fahrzeuge, sie hat 3,9 Millionen gewonnen. Das Wachstum kam vor allem durch das Internet.

Die Allianz war nicht nur spät im Netz, sie hat auch deutlich höhere Kosten. Im Jahr 2014 - neuere Daten gibt es noch nicht - kam sie in der Kfz-Haftpflichtversicherung auf Kosten von 22,3 Prozent der Beiträge. Die HUK lag unter acht Prozent, die Tochter HUK 24 bei fünf Prozent. Inzwischen hat die Allianz eine Kehrtwende vollzogen und ihre Digitalisierungsstrategie eingeleitet. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass der Münchner Versicherer seine dominante Stellung in der Kfz-Versicherung sehr bald wiedererlangt.

"Das Internet gewinnt", sagt Check 24-Gründer Blase. "Wir hoffen für 2016 auf ein Wachstum von 20 Prozent." Dabei werde die Bedeutung des Preises überschätzt. Es gehe vielen Kunden um die Bequemlichkeit des Abschlusses, nicht nur in der Autoversicherung. Check 24 habe inzwischen mehr als 400 000 andere Verträge im Bestand, von Hausrat über Unfall bis zu Wohngebäude. "Die Zahl hat sich in zwei Jahren fast verdoppelt, 2013 waren es erst 213 000 Verträge", sagt Blase.

Dabei ist Check 24 nicht allein im Markt. "Unser schärfster Konkurrent ist ganz klar Pro Sieben Sat 1 mit dem Portal Verivox", sagt Blase. Umsatzzahlen und Daten über die versicherten Fahrzeuge will Verivox nicht nennen, dafür sei es zu früh. "Wir sind zufrieden", sagte eine Sprecherin. Blase bestätigt, dass der Wettbewerb "höchst intensiv" sei. Auch andere Portale nimmt er ernst. Und schließlich steht das Portal im heftigen Wettstreit mit Versicherern, die wie die HUK 24 so groß und so bekannt sind, dass Kunden direkt dort abschließen - und nicht über einen Online-Vermittler gehen.

Mit den neuen im Versicherungsbereich aktiven Fintech-Unternehmen wie Knip oder Clark beschäftigt sich Check 24 intensiv, schließlich wachsen hier neue digitale Konkurrenten heran. Dabei schrecken Blase und seine Kollegen nicht davor zurück, gute Ideen zu übernehmen. So denken sie über die Einrichtung eines digitalen Versicherungsordners für ihre Kunden nach, wie ihn die meisten Fintechs anbieten.

"Die Veränderungsgeschwindigkeit nimmt zu", sagt Blase. Die Branche beginne, umzudenken - auch die großen Anbieter. "Ich habe großen Respekt vor Allianz und Ergo", sagt Blase. "Aber die wirkliche Innovation kommt selten von sehr großen Organisationen."

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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