Bundesfinanzen:Kein Geld von der Bundesbank, aber von Polen

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Von der Bundesbank dürfte Hans Eichel dieses Jahr kein Geld bekommen, denn die Währungshüter haben 2004 keinen Gewinn gemacht. Glück im Unglück: Polen will seine Schulden früher als erwartet tilgen.

Von Ulrich Schäfer

Die Europäische Zentralbank schrieb sogar Verluste. Die Notenbanken leiden darunter, dass der billige Dollar ihre Währungsreserven entwertet.

Die Bundesbank hat keinen Gewinn erwirtschaftet — da muss sich der Finanzminister erstmal den Kragen lockern. (Foto: Foto: dpa)

Die Nachricht vom ausbleibenden Bundesbank-Gewinn kam für Eichel allerdings nicht überraschend: Bereits im Herbst hatte der Finanzminister seinen ursprünglichen Etatansatz von 3,5 Milliarden Euro korrigiert und nur noch mit zwei Milliarden Euro gerechnet.

Kurz vor Weihnachten hatte er hinzu gefügt, dass durch den Verfall des Dollars, der einher geht mit einem Wertverlust der Devisenreserven, weitere Risiken drohten.

Die Faustformel des Finanzministers lautete damals: Übersteigt der Euro zum Jahresende die Marke von 1,26 Dollar, mindert jeder Cent mehr den Bankgewinn um 200 Millionen Euro.

Am Silvestertag kostete der Euro 1,364 Dollar, also konnte man sich in Berlin ausrechnen, dass von den erhofften zwei Milliarden nicht mehr sehr viel übrig bleiben würde. Hans Reckers, Vorstandsmitglied der Bundesbank, bestätigte dies am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.

Bundesbank steuert zum zweiten Mal nichts zum Haushalt dazu

Noch ärger trifft der Wertverlust der US-Währung die Europäische Zentralbank. Nach Angaben aus Koalitionskreisen ist die EZB voriges Jahr sogar ins Minus gerutscht.

Ein Sprecher von Eichel kommentierte die Äußerungen von Reckers in ungewohnt scharfer Form: "Uns ist nicht bekannt, dass Herr Reckers das zuständige Vorstandsmitglied für die Feststellung des Bundesbank-Gewinns ist".

Die Regierung halte sich an das geordnete Verfahren, wonach der Gesamtvorstand der Bundesbank erst im März über die Höhe des Gewinns entscheiden werde. In Regierungskreisen hieß es ergänzend, Reckers schade als Unionsmann mit seinen parteipolitisch motivierten Äußerungen der Unabhängigkeit der Bundesbank.

Die Bundesbank leistet damit zum zweiten Mal in Folge keinen Beitrag zu Eichels Haushalt. Schon im März 2004 hatten die Notenbanker lediglich 248 Millionen Euro überwiesen, nicht einmal ein Zehntel dessen, was der Finanzminister in seinen Etat eingepreist hatte.

Die fetten Jahren scheinen vorbei zu sein

In den 90er Jahren hatten die Hüter der D-Mark dagegen meist erheblich verdient, als Finanzminister Theo Waigel (CSU) eingeplant hatte. Der Gewinn lag stets jenseits der erwarteten 3,5 Milliarden Euro gelegen. Im Rekordjahr 1997 betrug er sogar mehr als zwölf Milliarden Euro.

Die Bundesbank-Experten der ING-BHF-Bank rechnen damit, dass sich an dieser Situation auch in den nächsten Jahren wenig verändern wird. Denn weil die Zinsen niedrig sind, verdient die Bundesbank auch mit dem Geldverleih an normale Kreditinstitute wenig Geld.

Im Jahr 2003 trug dieses "Geschäftsfeld", wie es die Spezialisten der ING-BHF-Bank nennen, nur zwei Milliarden Euro zum Gesamtergebnis bei; im vergangenen Jahr dürfte es kaum mehr gewesen sein. Eichel hatte deshalb kurz vor Weihnachten versucht, die Bundesbank zum Verkauf eines Teils ihrer Goldreserven zu bewegen; er war damit abgeblitzt.

Kritik von CDU und FDP

Die Opposition reagierte auf die Meldung vom ausbleibenden Bundesbank-Gewinn mit Spott und Häme: "Das neue Jahr hat kaum begonnen, schon ist der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2005 null und nichtig", erklärte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Carl-Ludwig Thiele. Der CDU-Haushaltspolitiker Dietrich Austermann erklärte, Eichels Etat 2005 sei damit verfassungswidrig.

Das Finanzminsterium blieb dennoch gelassen. Denn nur ein paar Stunden zuvor hatte die polnische Regierung angekündigt, dass sie ihre Auslandsschulden in diesem Jahr komplett zurückzahlen will.

Polen habe bereits Ende vergangenen Jahres im Pariser Club der Gläubigerländer ein entsprechendes Angebot unterbreitet, bestätigte ein Sprecher von Eichel. Die Verhandlungen seien weit gediehen. Eine endgültige Einigung beim nächsten Treffen des Clubs am Mittwoch nächster Woche in der französischen Hauptstadt sei möglich.

Polen steht bei Deutschland mit rund zwei Milliarden Euro in der Kreide. Sollten diese Schulden in diesem Jahr tatsächlich in voller Höhe getilgt werden, könnte Eichel damit die Lücke, die durch den Bundesbank-Gewinn entsteht, voll ausgleichen.

Insgesamt schuldet Warschau den Ländern des Pariser Clubs rund 12,3 Milliarden Euro. Um die vorzeitige Schuldenrückzahlung zu finanzieren, will die polnische Regierung zusätzliche Auslandsanleihen an private Anleger verkaufen. Im November hatte auch schon die russische Regierung angekündigt, dass sie ihre Auslandsschulden gegenüber den Ländern des Pariser Clubs vorzeitig tilgen wolle.

© SZ vom 7.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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