Brandbrief der Bafin:Die Schildbürger und ihre Bankenaufsicht

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Der Untersuchungsausschuss für die Hypo Real Estate lähmt die deutsche Bankenaufsicht - und legt so indirekt enorme Missstände offen.

Martin Hesse

Ginge es nicht um so viel bei der Bankenaufsicht, dann wäre die Pointe zum Schmunzeln: Ein Untersuchungsausschuss soll klären, inwieweit Politik und Bankenaufsicht die Pleite der Immobilienbank Hypo Real Estate mitzuverantworten haben - und hindert augenscheinlich eben jene Bankenaufsicht daran, ihre Aufgaben wirksam wahrzunehmen.

Es wäre übertrieben zu behaupten, die Bankenaufsicht liege völlig lahm, wenn die Bafin eine Zeitlang Unterlagen für den sicherlich notwendigen Ausschuss aufarbeiten muss. (Foto: Foto: AP)

Dazu muss man zweierlei anmerken: Erstens ist für die laufende Aufsicht der Kreditinstitute, also beispielsweise die Prüfung von Geschäftsberichten, die Bundesbank zuständig.

Notstand in der Behörde

Die Finanzaufsicht Bafin nutzt diese Erkenntnisse, um beispielsweise abschließend zu beurteilen, ob Banken genügend Kapital vorhalten und ein funktionierendes Risikomanagement haben. Insofern wäre es übertrieben zu behaupten, die Bankenaufsicht liege völlig lahm, wenn die Bafin eine Zeitlang Unterlagen für den sicherlich notwendigen Ausschuss aufarbeiten muss.

Zweitens weist aber der Brandbrief der Behörde auf Missstände in der Bankenaufsicht hin, die nicht erst seit Ausbruch der Krise herrschen. Untersuchungsausschuss hin oder her: Bafin und Bundesbank sind nicht ausreichend mit Personal ausgestattet.

Die Bilanzen der Banken sind in den vergangenen zehn Jahren in rasantem Tempo komplexer geworden. Die Kreditwirtschaft hat enorme Ressourcen in die Entwicklung immer raffinierterer Produkte gesteckt. Dagegen hat sich die Ausstattung der Aufsichtsbehörden eher noch verschlechtert. Außerdem werden die Aufseher nicht annähernd so gut bezahlt, wie die Finanzalchimisten, die sie überwachen sollen. Das mag ein Grund gewesen sein, warum zum Beispiel Helmut Bauer, der frühere Chef-Bankenaufseher, Anfang 2008 überraschend bei der Deutschen Bank anheuerte.

Kein Wunder, dass die Banken ihren Aufsehern immer einen Schritt voraus sind. Künftig droht die Schere noch weiter auseinanderzuklaffen. Bundesregierung, EU und 20 große Wirtschaftsnationen (G 20) haben große Pläne, Banken künftig besser zu regulieren. Keinen weißen Flecken will Kanzlerin Angela Merkel auf der Regulierungslandkarte lassen.

Doch all die hehren Pläne für neue Regeln und Gesetze werden nichts nützen, wenn Bafin, Bundesbank und internationale Aufsichtsgremien nicht besser mit gutbezahltem und hochqualifiziertem Personal ausgestattet werden. Die schildbürgerhaft anmutende Posse um die Bafin und den Untersuchungsausschuss sollte ein Weckruf für die Politik sein.

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