Börse:Eine Nummer kleiner

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Die Welt bunt machen, auch mit Produkten von Bayer: Die Tochterfirma Covestro stellt Klebstoffe, Lacke und Beschichtungen her und will an die Börse. (Foto: oh)

Bayer muss den Börsengang seiner Kunststoff-Tochter Covestro eindampfen, auch Schaeffler hat Probleme, den Termin zu halten - die Internetfirma Scout aber schaffte am Donnerstag den Sprung an den Aktienmarkt.

Von Caspar Busse und Helga Einecke, Frankfurt

Der VW-Skandal erwischt selbst den Pharmakonzern Bayer kalt. Er trübte das ohnehin schwierige Umfeld an den Kapitalmärkten so ein, dass die Leverkusener den Börsengang ihrer Kunststoff-Sparte Covestro eindampfen müssen. Eigentlich sollte Covestro mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro der größte deutsche Börsenneuling seit 15 Jahren werden. Nun drosselt Bayer den Umfang auf 1,5 Milliarden Euro, verbilligt den Aktienpreis auf 21,50 bis 24,50 Euro und verschiebt die Börsen-Premiere auf Dienstag kommender Woche.

Bayer ist nicht allein: Auch der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler hat offenbar Probleme. Die Erstnotierung soll nicht wie geplant am Montag, sondern erst später stattfinden, hieß es in Finanzkreisen. Es gehe um Tage, möglicherweise würden auch weniger Anteile verkauft. Ziemlich unwahrscheinlich sei, dass Schaeffler den Börsengang um einige Monate verschiebt. Der VW-Konzern ist einer der wichtigen Kunden des Unternehmens.

Bayer will den Börsengang nicht platzen lassen. Die Abspaltung der Kunststoffsparte ist eine seit einem Jahr vorbereitete strategische Entscheidung, die keinen Aufschub duldet. Bayer-Chef Marijn Dekkers sagte der Wirtschaftswoche: "Wenn Investoren zögerten, dann nicht wegen Covestro, sondern wegen des allgemeinen Marktumfeldes. Deshalb haben wir denen, die zeichnen wollen, den Einstieg jetzt noch mal erleichtert". Mit Erfolg. Am Donnerstag war das Orderbuch gefüllt. Dies gilt als Signal für Fondsgesellschaften. Sie riskieren nicht, mehr Aktien zugeteilt zu bekommen als erwünscht.

Hoffnung macht auch das Beispiel der Internetfirma Scout. Sie hat am Donnerstag ein erfolgreiches Debüt an der Börse geschafft - wenn auch erst im zweiten Anlauf. Vor knapp einem Jahr war der Gang an den Aktienmarkt wegen der schlechten Stimmung bei Anlegern gescheitert. Der Ausgabepreis der Aktie lag nun bei 30 Euro und stieg nach Börseneröffnung leicht an. "Wir sind sehr zufrieden mit dem positiven Feedback der Investoren", teilte Scout-Chef Greg Ellis mit. Der Zeitpunkt sei genau richtig gewesen. Das Unternehmen ist ein Anbieter von digitalen Rubrikenanzeigen, etwa für Autos und Immobilien. Gegründet 1998 gehörte Scout seit 2007 zur Deutschen Telekom, die dann die Mehrheit an Finanzinvestoren abgegeben hat.

Scout hat insgesamt fast 39 Millionen Aktien an die Börse gebracht, das Volumen liegt damit bei fast 1,2 Milliarden Euro. Der Großteil davon stammt von Altaktionären: von den Finanzinvestoren Hellman & Friedman und Blackstone sowie von der Deutschen Telekom. Alle drei halten auch künftig die Mehrheit an Scout, 30 Prozent sind nun in Streubesitz. Dem Bonner Konzern dürften knapp 500 Millionen Euro zufließen.

Die eingedampfte Covestro-Lösung wurde an der Börse begrüßt. "Es ist eine gute Entscheidung", meint Ulrich Huwald, Analyst bei Warburg. Schuld sei nicht Covestro, sondern das schwierige Marktumfeld. Neben der VW-Affäre werden die Unsicherheit über China und die US-Zinspolitik genannt. Auch die Gewinnwarnung des Covestro-Wettbewerbers Huntsman und eine ernüchternde BASF-Prognose trübten die Stimmung. Covestro wird maximal ein Drittel seines Kapitals an die Börse bringen, die Mehrheit bleibt mindestens ein halbes Jahr bei Bayer. Wegen des reduzierten Ausgabevolumens muss Bayer seine Kapitaleinlage bei Covestro nun um eine Milliarde Euro erhöhen. Der komplette Börsenerlös geht zwecks Schuldenreduzierung an Bayer. Covestro selbst geht mit einem Schuldenstand von vier Milliarden Euro an den Start. Das Unternehmen erzielt einen Umsatz von zwölf Milliarden Euro. Es stellt Dämm- und Klebstoffe, Lacke, Beschichtungen, und Matratzenschaum her.

© SZ vom 02.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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