BIZ-Jahresbericht:Unterschätzte Risiken

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Die hohe Verschuldung vieler Staaten und die anhaltend niedrigen Zinsen gefährden die Weltwirtschaft, warnt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Ein Glücksfall und eine Chance sei dagegen der Ölpreisverfall.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor Gefahren einer lang anhaltenden Phase extrem niedriger Zinsen. Diese seien Symptom für eine größere Malaise in der Weltwirtschaft, heißt es im Jahresbericht der Dachorganisation der Zentralbanken, der am Sonntag veröffentlicht wurde. "Das Wirtschaftswachstum ist unausgewogen, die Schuldenstände und die finanziellen Risiken sind immer noch zu hoch."

Die BIZ warnt, dass an den Finanzmärkten eine starke Bereitschaft zu sehen sei, hohe Risiken einzugehen. Dahingegen gebe es nur "eine verhaltene Risikoübernahme in der Realwirtschaft, wo zusätzliche Investitionen dringend nötig wären", so der BIZ-Chefökonom Claudio Borio.

Der BIZ-Bericht präsentiert zudem erstmals Belege dafür, dass finanzielle Aufschwünge zur Fehlallokation von Ressourcen führen und damit die Produktivität unterhöhlen können, und zwar sowohl während des Aufschwungs selbst als auch in der darauffolgenden Krise. Dies sei ein bisher unterschätzter Kanal, über den Entwicklungen im Finanzsektor auf die Realwirtschaft durchschlagen. Politiker würde also die Gefahr ignorieren, wie sehr das ständige Auf und Ab an den Börsen das Wachstum in der ganzen Welt schwächen könnte. Auch die hohen Schulden seien ein großes Problem. Wenn die Welt weniger von Schulden abhänge, könne man nachhaltig wachsen.

Der globale Schuldenberg liegt derzeit bei rund 90 Billionen Dollar - zehn Billionen Dollar mehr als noch 2010. Die Staatsschulden betragen davon rund 40 Billionen Dollar, so Daten der Fondsgesellschaft Pimco. Die Schulden sind ein Fakt, gleichzeitig gibt es viele Ersparnisse, die nicht als Kredit ausgereicht werden. Nur so könnte Wachstum entstehen, um die Schulden zu begleichen. "Es gibt einen globalen Sparüberschuss, dadurch wird weniger investiert", sagt Pimco-Experte Joachim Fels.

Die 1930 gegründete BIZ mit Sitz in Baselfungiert als eine Art Zentralbank der Notenbanken in aller Welt. Sie spielt unter anderem bei der Verwaltung der weltweiten Devisenreserven und Goldbestände der Zentralbanken eine wichtige Rolle. Die BIZ ist die Zentralbank der Notenbanken. Deutschland ist durch die Bundesbank vertreten. Bei der Kooperation der Zentralbanken und der internationalen Bankenregulierung spielt sie eine Schlüsselrolle.

Der frühere Chefvolkswirt der BIZ, William White, hat die Finanzkrise 2007 bis 2010 schon Jahre vor ihrem Ausbruch vorhergesehen. Doch seine Warnungen wollte kaum jemand hören.

Der Ölpreisverfall, so die BIZ, habe alles in allem das Wachstum der Weltwirtschaft gefördert und vorübergehend den Abwärtsdruck auf die Preise verstärkt. Das sei ein "echter Glücksfall", den man für eine politische Neuausrichtung nutzen sollte. "Ein Kernelement dieser Neuausrichtung wird sein, weniger auf Nachfragesteuerungspolitik und mehr auf Strukturpolitik abzustellen", so die BIZ. Damit solle das schuldenfinanzierte Wachstumsmodell abgelöst werden, das als politischer und gesellschaftlicher Ersatz für produktivitätssteigernde Reformen gedient habe.

"Wichtiger denn je ist es, die kurzfristige Sicht durch eine längerfristige zu ersetzen", so die BIZ. Die Finanzmärkte hätten die Reaktionszeiten verkürzt, und die politischen Entscheidungsträger würden den Finanzmärkten in immer kürzerem Abstand hinterher jagen.

© SZ vom 29.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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