Bertelsmann:Eine WM für Gütersloh

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Wo in diesen Tagen "Fußball-WM" draufsteht - ist Bertelsmann drin.

Auf vielem, was seit Wochen an Zeitungskiosken, in Buch- oder Schallplattenläden ausliegt, steht "Fußball-WM" drauf. Und wo "Fußball-WM" draufsteht, ist - zumindest im deutschsprachigen Raum - Bertelsmann drin.

Der Gütersloher Medienkonzern hat sich die Print-Lizenzrechte für das Sportereignis gesichert und bringt nach den Worten von Vorstandschef Gunter Thielen rund 150 Lizenzprodukte - vom "offiziellen" WM-Poster, über das "offizielle" Stadionmagazin bis zum "offiziellen" Schülerkalender - auf den Markt.

"Offiziell" ist, wo WM-Emblem, FIFA-Pokal oder Maskottchen "Goleo VI" auf dem Titel stehen. In Japan und Südkorea gab es 2002 ganze vier Lizenzprodukte im Printsegment.

"Bei der FIFA WM müssen wir dabei sein", überlegten sich die Strategen bei Bertelsmann vor etwa drei Jahren. Sie dachten über die Machbarkeit nach, nahmen mit dem Lizenzrechtehändler EM.TV Gespräche auf und bekamen ein halbes Jahr später den Zuschlag für die beim Fußball-Weltverband FIFA als sensibel gehandelten Druckerzeugnisse, berichtet der Bertelsmann-Koordinator für die Printprodukte zur Fußball-WM, Stephan Sieprath.

Reine Gefühlssache

"Die FIFA hat uns genauestens unter die Lupe genommen", sagt er. Seither koordiniert Sieprath die Fußball-Aktivitäten der sechs Konzernbereiche, von der Plattenfirma Sony BMG über die Buchverlagsgruppe Random House, die Verlagstöchter der Direct Group bis zum Druck- und Dienstleistungsriesen Arvato. Über die Kosten für die Lizenzen schweigt er sich aus.

Zwischen 30 und 50 Millionen Euro will Bertelsmann alleine mit der Fußball-WM umsetzen. Der wirtschaftliche Erfolg ist da eng an den sportlichen der deutschen Nationalmannschaft geknüpft. "Wenn die Stimmung gut ist, dann läuft es gut", sagt Stefan Postler, Geschäftsführer der Gütersloher Bertelsmann-Tochter Medienfabrik, mit Blick auf den Absatz von Heften wie "Countdown", Büchern mit Fußball-Quizfragen, Taschenkalendern oder eigens auf Fußball getrimmten Hörspielen der Schüler-Detektive "TKKG".

Dabei komme es gar nicht auf den Sieg, eher auf die emotionale Lage an: "Die Leute müssen das Gefühl haben, die hängen sich rein." Eine Hoffnung, die nach dem Sieg der DFB-Elf gegen die USA wieder etwas erfüllbarer scheint.

In Postlers Denkschmiede sitzen 150 Kreative - Redakteure, Grafiker, Fotografen - und produzieren Inhalte vor allem für Magazine und Mitarbeiterzeitungen großer Firmen. 25 Leute machen seit Wochen nichts anderes als Fußball.

Für Postler ist es besonders wichtig, bei der WM gut abzuschneiden. Er ist nicht nur auf den Gewinn aus dem Mega-Event aus. Er will seine Medienfabrik vor allem für Anschlussaufträge in Stellung bringen. Die in der WM-Vorbereitung geschöpfte Fußball-Kompetenz könnte seiner Firma etwa bei einer langfristigen Zusammenarbeit mit Deutschlands Branchenführer Bayern München zugute kommen.

Sind die Inhalte in der schmucken Gütersloher Medienfabrik und den anderen Tochterfirmen ersonnen, beginnt das Bertelsmann-Räderwerk erst richtig zu laufen. Bei der Drucksparte Arvato laufen die Rotationsmaschinen an.

"Die Poster mit den offiziellen WM-Motiven und denen der zwölf Gastgeberstädte sind ein Renner", sagt Markus Dohle, Geschäftsführer der Arvato-Tochter Mohn Media Kalender & Promotion Service. Mehr als 200 000 Stück sind bereits verkauft worden. Das bisher erfolgreichste Poster aller Zeiten hatte eine Auflage von 500 000 Stück.

Europas größter Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr besorgt den Vertrieb der Fußball-Hefte am Kiosk. Bei Sony BMG werden Hörspiele produziert, der Wissen Media Verlag und Wissen.de aus der Bertelsmann-Sparte Direct Group kümmern sich um Chroniken und Quizspiele und der Buchverlag Random House bringt Kinderbücher zum Thema heraus.

Die Sender-Familie RTL überträgt erstmals exklusiv acht Spiele im frei empfangbaren Fernsehen. Und was fast noch schwerer wiegt: Die privaten Radiosender mit RTL-Beteiligung, darunter die Kette Radio.NRW und Antenne Bayern, übertragen alle 64 Partien live im Hörfunk. Der offizielle Song zur WM von "Il Divo" wird von Sony BMG genauso herausgegeben wie das Album "Voices"; einem offiziellen Konzert von deutschen Megastars zwischen Halbfinale und Finalspiel am 9. Juli 2006.

Damit alles klappt, hat Bertelsmann ein "WM-Council" eingerichtet. Hier treffen sich die Geschäftsführer der beteiligten Schwesterunternehmen regelmäßig, bilden Arbeitsgruppen und beraten die gemeinsame Vertriebsstrategie.

Der Confederations-Cup im vergangenen Jahr war nicht nur für die Truppe von Jürgen Klinsmann ein Testlauf. Schon nach wenigen Spielen war damals deutlich geworden, dass die Auflage der englischsprachigen Version des Stadionmagazins zu klein war. Eine kleine Fehleinschätzung, gibt man in Gütersloh zu. Bis 9. Juni ist sie längst ausgemerzt.

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