Beratung:"Er nimmt das persönlich"

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Die privaten Eigentümer eines Familienbetriebs hängen in aller Regel mehr an der Firma als es die anonymen internationalen Großaktionäre von Konzernen tun. Das Problem der Patriarchen: Sie schätzen den Wert ihrer Firma oft viel zu hoch ein.

Von Markus Zydra

Die privaten Eigentümer eines Familienbetriebs hängen in aller Regel mehr an der Firma als es die anonymen internationalen Großaktionäre börsennotierter Konzerne tun. Häufig haben mehrere Generationen den Betrieb aufgebaut, meist regiert von einem Patriarchen, der sein Leben dem Unternehmertum verschrieben hatte. Früher war es keine Frage, dass Kinder in die Fußstapfen des Vaters traten. Heute wollen die Nachkommen häufig nicht mehr, und plötzlich steht der Verkauf im Raum.

Für einen Firmenchef, der 40 Jahre und mehr den Betrieb gelenkt hat, ist das eine schwierige Situation. Er muss sich von etwas trennen, das er aufgebaut, gehegt und lieb gewonnen hat. Das ist auch der Grund, warum Experten dazu raten, die Verkaufsgespräche in professionelle Hände zu geben. "Der Eigentümer sollte die Verhandlungen auf keinen Fall alleine führen", sagt Michael Grote, Professor für Unternehmensfinanzierung an der Frankfurt School of Finance and Management, denn er habe einen engen Bezug zur Firma und sie sei für ihn eine Herzensangelegenheit. Meist setzt der Besitzer den Verkaufspreis deutlich zu hoch an und berechnet den emotionalen Wert seines Lebenswerkes. "Doch Preisverhandlungen sind brutal, die Kaufinteressenten werden ständig sagen, was nicht gut läuft, und er wird es so empfinden, dass sie ihm die Lebensleistung schlechtreden", sagt Grote. "Er nimmt das persönlich, obwohl es ein professioneller Vorgang ist."

Der Besitzer muss bereits vor dem Verkauf wissen, was er danach machen möchte

Der erste Tipp zum erfolgreichen Unternehmensverkauf lautet also: Profis mit an Bord nehmen. "Der größte Fehler ist es, wenn man den Verkauf nicht professionell vorbereitet, da der Unternehmer davon ausgeht, dass er auch ohne präzise Informationen über Finanz- oder Kundendaten einen hohen Preis verlangen kann", sagt Peter Bartels, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand und Mitglied der Geschäftsführung bei der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC). "Wenn das am Ende aber nicht klappt und im Markt bekannt wird, dass sich kein Käufer findet, schwächt der Verkäufer seine Verhandlungsposition erheblich." Bartels rät da zu vollständiger Transparenz. Es reiche nicht mehr, dass der Chef alles im Kopf hat - er sollte es dem Verkäufer belegen. "Die Zahlen und Prozesse des Unternehmens müssen schriftlich dokumentiert werden, man muss belegbare Aussagen über seine Marktposition und Wachstumspläne treffen können und deutlich machen, wie das Unternehmen für die Zukunft gerüstet ist", sagt Bartels. Bei der Erstellung eines solchen Faktenbuchs könnten Experten einen wertvollen Beitrag leisten. "Diese in der Regel professionellere Vorbereitung lohnt sich bei den Preisverhandlungen." Der Verkaufsprozess dauert in der Regel zwischen sechs und neun Monate. "Man möchte ihn so lange wie möglich vor der Öffentlichkeit geheim halten, denn Mitarbeiter, Zulieferer, Kunden werden nervös, wenn sie davon hören", sagt Grote. Doch wo findet man Hilfe? Der Unternehmer kann sich an seine Bank wenden, die ihm Experten im Bereich Mergers & Acquisitions (M & A) vermitteln kann. "Der Firmeninhaber muss sich sicher sein, dass er verkaufen möchte", sagt Grote. Er dürfe da nicht den M & A-Berater fragen. "Denn die Berater wollen den Deal, weil ihre Provision davon abhängt."

Der Ablauf ist so: Der M & A-Berater wird mögliche Interessenten direkt ansprechen und ihnen ein anonymisiertes Informationsblatt zur Firma mitschicken. Wer Interesse hat, erhält mehr Informationen, muss dann auch eine Geheimhaltungsklausel unterzeichnen und bei Interesse einen ersten Preis nennen. "Man möchte einige Bieter zusammenbekommen, damit eine Auktion möglich ist", sagt Grote.

Es kommt auch auf die Größe an: Kleine Handwerksbetriebe werden selten verkauft, sie werden übertragen. "Wenn da Geld fließt, dann für das Inventar im Büro oder für den Fuhrpark", sagt Grote. Ab einer Größenordnung von 15 Millionen Euro Umsatz werde es interessant, manchmal sogar schon für Private Equity, denn in solchen Unternehmen gebe es meist eine ordentliche Struktur im Management. "Wenn sich der Unternehmer aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat, wenn es also ein operatives Fremd-Management gibt, dann ist es einfacher", sagt Bartels. Der potenzielle Käufer sehe dann, dass das Geschäft bereits weitgehend selbständig laufe. "Das kann am Ende zu einem höheren Verkaufspreis führen."

Jenseits der Verhandlungen gibt es noch eine Frage, die existenziell wichtig ist. Der Firmeninhaber muss vor dem Verkauf wissen, was er anschließend machen möchte. "Oft fallen Familien ohne die Firma in ein Loch, weil sich zuvor alles in ihrem Leben um das Unternehmen gedreht hat", sagt Bartels. Darüber hinaus sollte er sich fragen, wie der Verkauf in der Region aufgenommen wird. "Es geht auch um den Verkauf von Arbeitsplätzen - und die regionale Verwurzelung bei Familienunternehmen ist oft sehr stark", so Bartels. Der neue Eigentümer könnte vieles anders machen. Das fiele dann wie ein Stigma auf die Reputation des in der Region meist sehr bekannten Alt-Besitzer zurück.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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