Bei uns in Hamburg:Das Shirt zur Welt

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Es hätte so schön werden können: Ein fertig gestelltes Konzerthaus, und das Jahre vor den Berlinern und ihrem leidigen Flughafen! Ha! Aber jetzt, nach dem G-20-Desaster, braucht die City Trost. Wie wärs mit Geld ausgeben? Wieder für was ganz Großes?

Von Angelika Slavik

Über Hamburg liegt in diesen Tagen diese bleierne Müdigkeit, die auch der Mensch kennt, wenn er - womöglich jäh aus emotionalen Höhen gerissen - schwere Niederlagen erlitten hat und nun versuchen muss, sich wieder zu sammeln. Die Stadt trägt schwer am G-20-Desaster; und die Wunde schmerzt umso schlimmer, als man ja geplant hatte, mindestens bis 2025 in kollektiver Elphi-Ekstase zu verbringen. Ein fertig gestelltes Konzerthaus, und das Jahre vor den Berlinern und ihrem leidigen Flughafen! Ha!

Himmel, es hätte so schön werden können. Man wäre gelegentlich nach Berlin gefahren und über die BER-Baustelle stolziert, unterm Arm den Spiegel, der Hamburg jüngst auf dem Cover zur wahren Hauptstadt erklärt hat. Man hätte in Gesprächen mit Berlinern immer betont beiläufig bemerkt, dass man ja mit dem Zug gekommen sei: "Anders kommt man ja kaum mehr zu euch rein, nicht wahr?" Dabei hätte man gelächelt und eines dieser Hamburg-Shirts getragen, auf denen "Wir sind das Tor zur Welt" steht. Herrlich!

Nun aber ist der Kater heftig und es gilt: Schwere Zeiten verlangen nach tröstenden Maßnahmen. Dafür kommen verschiedene Strategien in Frage. Fußball wäre zum Beispiel eine Möglichkeit, um die Seele einer Stadt zu streicheln, aber wir sind ja hier nicht in München. Der HSV hat eben im Testspiel gegen irgendeinen Aufsteiger aus der 3. Liga 3 : 5 verloren und drängt sich als kommunaler Ego-Restaurator wohl auch in der kommenden Saison nicht auf. Was dann? Die populärste Strategie in schweren Zeiten heißt ja nicht ohne Grund: Geld ausgeben.

Und so plant Hamburg Großes: den Elbtower. Der Elbtower soll 200 Meter hoch und ein neues Wahrzeichen der Stadt werden. Was in den Elbtower rein soll, weiß man nicht, spielt aber auch keine Rolle. Schließlich werde er "skulptural", wie es heißt, was entgegen anderslautender Gerüchte keineswegs ein Synonym ist für "sündteuer und ewig nicht fertig". Bis der Elbtower entsteht, vergehen noch ein paar Jahre, zugegeben. Aber mit ein bisschen Glück ist der BER dann immer noch nicht fertig. Was werden wir uns dann T-Shirts drucken!

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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