Bei uns in Frankfurt:Von PS-Boliden und Kartoffeln

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In dieser Stadt gibt es viele Wichtigtuer, die ihren Wagen mit Sportauspuff durch die Gegend kutschieren. Sie sind die Speerspitze des Lärms, der vielen Bewohnern zunehmend auf die Nerven geht.

Von Markus Zydra

Es gibt Menschen, die kennt man, obwohl man mit ihnen noch nie ein Wort gewechselt hat. Der Mann im Sportwagen gehört dazu. Neulich, das Wetter war schön und die Stühle der Bistros in der engen Straßenschlucht voll besetzt, da vernahm die ausgelassene Feierabendgesellschaft dieses blubbernde Motorengeräusch. Eigentlich war es gar nicht so unangenehm. Der brummende Sound eines Achtzylinders kann beruhigend wirken, solange der Fahrer seinen Fuß auf dem Gaspedal nicht durchdrückt. Doch genau das tat dieser Zeitgenosse in diesem Moment. Im Leerlauf. Es war nicht das erste Mal.

Er tut es regelmäßig, wenn er mit seinem PS-Boliden durch die engen Straßen kreuzt. "RRRMM", klingt es, wenn aus dem Motorenblubbern ein Röhren wird und die Bedeutung des Wortes "Lärm" in verletzlicher Weise deutlich wird. Es fühlt sich an wie ein Sprung in zwölf Grad kaltes Wasser. Manchmal kontrolliert ihn eine Polizeistreife. Passanten bleiben stehen und hoffen inständig, man möge ihm den Schlüssel wegnehmen. Doch er darf stets weiterfahren.

In Frankfurt gibt es viele Wichtigtuer, die ihren Untersatz mit Sportauspuff durch die Gegend kutschieren. Sie sind die Spitze des Lärms, der vielen Bewohnern zunehmend auf die Nerven geht. Mehr als ein Drittel der Frankfurter Bürger stören sich der Umfrage eines Baufinanzierers zufolge am Straßenlärm von Autos, Motorrädern und Lastwagen. In Frankfurt empfinden zudem 17 Prozent der Bürger Kinderlärm als Ärgernis - in Berlin sind es nur 13 Prozent. Dort, in der Bundeshauptstadt, mache allerdings einem Drittel der Bewohner der Partylärm zu schaffen. In Frankfurt, wo weniger gefeiert wird, sind es nur zwölf Prozent.

In der Bankenstadt nervt auch der Fluglärm. Die vierstrahlige Maschine schafft es fast, den röhrenden 300-PS-Wagen zu übertönen. Die lauten Motoren sind auch ein heiß diskutiertes Thema in Internetforen. Dort liest man: Die Jammerlappen seien bloß neidisch, weil sie sich kein solches Auto leisten könnten. Das mag so sein. Doch nach, zugegeben kurzer, Inaugenscheinnahme mancher Fahrer kommt die Frage auf: Wenn sich die Person diesen Wagen wirklich leisten kann, in welchem Gewerbe ist sie tätig? Von polizeilichen Anzeigen gegen die rücksichtslosen Fahrer der Lärmkarossen wird dringend abgeraten. Was, wenn der Stiernackentyp hernach vorbeikommt, um sich persönlich zu bedanken? Ein Forum-Schreiber gibt den praktischen Rat, eine Kartoffel in den Auspuff des Wagens zu stecken. Auch hier gilt: Bloß nicht erwischen lassen.

© SZ vom 16.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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