Bei uns in Frankfurt:Herr Maier denkt an dich

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Aktuelle Abiturjahrgänge werden von zu Hause gut unterstützt. Es ist seit einiger Zeit üblich, dass Angehörige und Freunde ihnen an Zäunen und Bäumen der Gymnasien mit Plakaten ihre Unterstützung versichern.

Von Harald freiberger

Aktuelle Abiturjahrgänge werden von zu Hause gut unterstützt, wie man in diesen Prüfungswochen wieder überall im Straßenbild sehen kann. Es ist seit einiger Zeit üblich, dass Angehörige und Freunde den Abiturienten an den Zäunen und Bäumen der Gymnasien mit Plakaten ihre Unterstützung versichern.

Die Musterschule im Frankfurter Nordend kann da durchaus als Muster auch für andere höhere Lehranstalten gelten. 60 Plakate hängen am Zaun Ecke Eckenheimer-/Querstraße. Sie sind alle selbst beschrieben und bemalt, mal mehr, mal weniger aufwendig, und sie haben eine durchgehende Botschaft: "(Vorname), du schaffst das", wahlweise auch: "Du rockst das", "Du packst das", "Du zauberst das hin", "Wir glauben an Dich", "Just do it", "Go, Lena, go" und "Mausebär, viel Glück". Häufig haben die Maler Tiermotive auf die Plakate geworfen, Entchen, Schafe, Frösche, Mäuse, auch ein Pandabär kommt vor.

Beliebt sind zudem Wortspiele, die Bezug nehmen auf das Prüfungsfach: "Die Chemie stimmt", "Bonne chance, chère Annika", "Mit Englisch im Herzen und Musik im Blut wirst Du Geschichte schreiben". Auch Tipps sind beliebt: "Schön konzentriert", "Wichtig: keine Fehler". Und Reime: "Hast viel gelernt mit starkem Willen, bald kannst du erstmal wieder chillen", "Tschopp... tschopp... tschasch, Abi in der Tasch", "Eene meene mei, bring Marzia's Abi schnell herbei".

Unterschrieben haben meist "Papa" und "Mama", dann kommen Brüder, Schwestern und Freunde, auf einem Plakat steht: "Opa und Oma denken an Dich. Herr Maier auch." Es sind durchgehend liebe Sprüche und Zeichnungen, wäre da nicht das irritierende "Abiturensohn" auf einem Plakat. Und gelegentlich beweisen die Plakatmaler ironische Distanz, wenn sie schreiben: "Dieses Plakat dient der moralischen Unterstützung von Sara B."

Es gibt einen zunehmenden Hype um diese Plakate. Die Schulen mussten sogar Regeln einführen, wo genau und von wann bis wann sie hängen dürfen. Am Morgen des ersten Tages liefern sich die Familien einen Kampf um die besten Plätze.

Wie war das damals vor ein paar Jährchen, als wir das Abitur gemacht haben? Die Motivation der Eltern beschränkte sich auf die Frage des Vaters nach der letzten Prüfung: "Und, hast es geschafft, das Abitur?" Das war vielleicht auch nicht die ideale Form der Motivation, aber wenigstens fühlte man sich nicht behandelt wie ein kleines Kind.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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