Bei Insolvenz Kirchs:Steuergelder sollen Profi-Fußball retten

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Der Bund und mehrere Landesregierungen versuchen zu vermeiden, dass Kirch zahlreiche Profi-Vereine in den Konkurs mitreißt.

Hans-Jürgen Jakobs und Klaus Ott

(SZ vom 04.04.02) - Die Bundesliga will mit Hilfe der Politik verhindern, dass die Krise bei Kirch auch auf den Profi-Fußball durchschlägt.

Kirchs Fernsehvertrag mit der Bundesliga läuft bis Mitte 2004. (Foto: N/A)

Liga-Präsident Werner Hackmann informierte die 36 Vereine der ersten und zweiten Liga kürzlich über das Vorhaben, Bund und Länder für eine Bürgschaft zu gewinnen.

Die öffentlich Hand soll finanzielle Garantie-Erklärungen abgeben, mit denen die Vereine zusätzliche Kredite bei den Banken aufnehmen können, um den Ausfall von Kirchs Fernsehgeldern zu verkraften.

Hackmann bestätigte der Süddeutschen Zeitung diesen Sachverhalt und fügte hinzu, es habe mit dem Bund und den Ländern auf "Arbeitsebene" bereits Gespräche gegeben. "Beim Ligaverband sind diese Gespräche über Herrn Straub gelaufen."

Wilfried Straub ist Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL), die den Profi-Fußball organisiert. In der Bundesregierung kümmert sich Wirtschafts-Staatssekretär Alfred Tacke, ein Vertrauter von Bundeskanzler Gerhard Schröder, um die Bundesliga.

Tacke und der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement hatten in Absprache mit dem Kanzler bereits Mitte Februar mit Hackmann, Straub und weiteren Fußball-Managern konferiert, anschließend gab es weitere Kontakte.

"Bei diesen Gesprächen ist verhandelt worden, dass Bund und Länder der Bundesliga ein halbes Jahr Liquidität verschaffen wollen, damit in dieser Zeit die TV-Vermarktung neu geregelt werden kann", sagte Clements Medien-Staatssekretärin Miriam Meckel der SZ.

Kein Geld für Premiere

Leo Kirchs nächste Raten-Zahlungen an die Bundesliga über jeweils knapp 100 Millionen Euro wären Anfang Mai und Anfang August fällig.

Die wenigsten Vereins-Manager glauben allerdings daran, dass der hoch verschuldete Medienhändler diese Summen noch aufbringen kann. Kirchs Fernsehvertrag mit der Bundesliga läuft bis Mitte 2004.

In diesem Zeitraum müsste Kirch für die Übertragungen in seinem Abosender Premiere sowie die Berichterstattung in Sat 1 und weiteren Programmen insgesamt noch rund 900 Millionen Euro zahlen.

Bei den meisten Vereinen sind die TV-Gelder die wichtigsten Erlöse. Ohne die Fernseh-Einnahmen könnten lediglich Großklubs wie Bayern München oder Bayer Leverkusen ihre Profi-Fußballer einstweilen weiter bezahlen.

In der Politik und in der Bundesliga wird erwogen, die ARD als neuen Fernsehpartner für den Profi-Fußball zu gewinnen und die Sportschau wieder aufleben zu lassen. Die gebührenfinanzierte ARD sei finanziell in der Lage, einen Großteil von Kirchs Zahlungen zu übernehmen, sagten mehrere Top-Manager aus Bundesliga der SZ.

Der ARD-Vorsitzende Fritz Pleitgen will davon bislang aber nichts wissen. Pleitgen sagte in den vergangenen Monaten wiederholt, "wir hätten die Bundesliga natürlich gerne, aber da müsste es schon Geld vom Himmel regnen, und das tut es nicht".

Gespräche abgebrochen

Unterdessen verschärft sich die Lage bei Kirch. Die Gespräche von Kirchs Gläubigerbanken mit den Medienmagnaten Rupert Murdoch und Silvio Berlusconi, die Teile des Konzerns übernehmen wollen, waren Dienstagnacht ohne Ergebnis abgebrochen worden.

Die Banken und die Medienmagnaten konnten sich nicht einigen, wer welche finanziellen Lasten übernimmt. Daraufhin wurde bei allen Beteiligten bereits für Mittwoch mit einem Insolvenzantrag gerechnet.

Das New Yorker Bankhaus Lehman Brothers, das mehrere hundert Millionen Euro in die Kirch-Gruppe investiert hat, startete am Mittwoch dann einen neuen Rettungsversuch.

Lehman schlug vor, die Banken sollten den kurzfristig notwendigen Überbrückungskredit in Höhe von 200 Millionen Euro alleine gewähren; Murdoch, Berlusconi und Partner sollten die bis Jahresende erforderlichen 800 Millionen Euro aufbringen.

Diesem Vorstoß werden von den Beteiligten allerdings wenig Chancen gegeben. In der Kirch Media, dem Kernunternehmen des Konzerns, stellt man sich auf einen Insolvenzantrag am Freitag ein.

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