Bankgebühren:10 800 Prozent Zinsen

Lesezeit: 2 min

Der Bundesgerichtshof kippt die Sondergebühr von Deutscher Bank und Targo-Bank bei Kontoüberziehungen und schlägt sich mit dem Urteil auf die Seite der Verbraucher. Die säumigen Kunden würden durch die Gebühr unangemessen benachteiligt.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Weil die Zinsen niedrig sind, haben die Banken seit einiger Zeit die Privatkunden als Einnahmequelle wiederentdeckt - da wäre ein bankenfreundliches Gebührenurteil aus Karlsruhe gerade recht gekommen. Doch der Bundesgerichtshof schlug sich, wie häufig in diesen Fällen, auf die Seite der Verbraucher. In einem an diesem Dienstag verkündeten Urteil untersagte er den Banken ein gesondertes Mindestentgelt auf Kontoüberziehungen. (Az: XI ZR 9/15 u. 387/15)

Geklagt hatten der Bundesverband der Verbraucherzentralen sowie deren NRW-Landesverband. Es ging um Klauseln im Kleingedruckten der Deutschen Bank und der Targo-Bank - Entgeltbestimmungen für den Fall, dass ein Kunde sein Konto über seinen Dispokredit hinaus überzieht. Die Banken dulden das häufig in begrenztem Umfang, obwohl sie das nicht müssen, nehmen aber saftige Zinsen - in einem der beiden BGH-Fälle waren dies (Stand August 2012) 16,5 Prozent. Die Klagen richteten sich freilich nicht gegen die Zinsen, sondern gegen feste Mindestbeträge von 6,90 beziehungsweise 2,95 Euro. Nach den Geschäftsbedingungen sollten diese schon bei geringfügigen und kurzfristigen Überschreitungen des Kreditrahmens fällig werden.

Nach Angaben der Verbraucherzentrale sind solche Sondergebühren zwar noch nicht sonderlich verbreitet. Üblicherweise seien die Kosten der Bank in den Überziehungszinsen inbegriffen, sagte Frank-Christian Pauli, Bankenreferent der Verbraucherzentrale. Nach seiner Einschätzung dürften die nun vor dem BGH angegriffenen Bestimmungen aber eine Art Versuchsballon einzelner Institute sein, um auszutesten, welche Kosten sich zusätzlich auf die Kunden abwälzen lassen.

Reiner Hall, Anwalt der Deutschen Bank, hatte die Richter in der mündlichen Verhandlung mit großem Nachdruck zu überzeugen versucht, dass es sich eben nicht um den Normalfall der Kontoüberziehung handle, sondern um eine Ausnahme: Die Bank müsse eingreifen, ein Sachbearbeiter müsse die Bonität des Kunden prüfen - da seien selbst 6,50 Euro nicht kostendeckend. "Die Bank ist doch kein Wohltätigkeitsverein", insistierte Hall.

Der "Bankensenat" des BGH indes erklärte beide Klauseln für unwirksam, weil die Kunden dadurch unangemessen benachteiligt würden. Dem Gericht zufolge geht es hier keineswegs um eine Ausnahmesituation, sondern um eine Art Darlehen, für das die ganz normalen Regeln zu gelten haben. Das heißt: Der Preis für die Überziehung des Kontos sind die Zinsen - so ist es im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehen. Und wenn man die Sondergebühren in Zinsen umrechne, seien sie jedenfalls bei kleinen Überziehungsbeträgen unangemessen, befand der elfte Zivilsenat. Er machte sich sogar die Mühe, dies den Banken vorzurechnen: Wer sein Konto einen Tag mit zehn Euro überzieht und dafür 6,90 Euro von der Bank abgezogen bekommt, zahlt einen Zinssatz von 25 185 Prozent im Jahr. Selbst auf der Basis der Targo-Bank-Gebühr von 2,95 Euro wäre man immer noch bei fast 10 800 Prozent. Dies, so befand der BGH, sei dann doch unverhältnismäßig.

© SZ vom 26.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: