Bankenverband:Genug Tipps gegeben

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Panama Papers, Steuertricks: Statt all dies aufzuklären, gibt der Bankenverband lieber harmlose Ratschläge zur Europameisterschaft.

Von Klaus Ott, München

Der in Berlin ansässige Bundesverband deutsche Banken (BdB) äußert ist oft und gerne zu den großen und kleinen Dingen des Lebens. Den Besuchern der Fußballeuropameisterschaft in Frankreich empfiehlt der BdB, Bargeld, Ausweis und Bankkarte "dicht am Körper" zu tragen, um nicht Opfer eines Diebstahls zu werden. Und: "Nehmen Sie nie zu viel Bargeld mit."

Zu einer anderen, viel schlimmeren Form des Diebstahls schweigt die Lobby-Vereinigung des Finanzgewerbes geflissentlich. Viele Banken und Kapitalanlagefonds haben mit dubiosen Aktiendeals jahrelang den Staat ausgenommen. Sie haben sich auf trickreiche Art und Weise vom Fiskus eine nur einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Dividendenerlöse mehrmals erstatten lassen. Dass solche Geschäfte zum Problem für den Staat werden könnten, hat der BdB intern frühzeitig erkannt. Er hat die Bundesregierung aber nur halbherzig gewarnt. Jetzt, da dies in einem Untersuchungsausschuss des Bundestags nach und nach hochkommt, duckt sich der Bankenverband wieder einmal weg. Keine Entschuldigung für das Versäumnis, kein Wort des Bedauerns.

Typisch Bankenverband: Wenn es um Missstände und Verfehlungen in den eigenen Reihen und der eigenen Branche, wenn es um den eigenen Ruf geht, halten sich die Vereinigung der privaten Geldinstitute und ihre jeweiligen Präsidenten meist vornehm zurück. Das gilt auch für den neuen BdB-Chef Hans-Walter Peters, der allen Anlass hätte, sich öffentlichen Debatten zu stellen. Auch wegen der fragwürdigen Geschäfte seiner eigenen Bank Berenberg in Hamburg. Doch Peters hat es bislang bei einem einzigen Interview in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung belassen. Tenor: Wir sind sauber. Ansonsten erzählt Peters lieber von der tollen Entwicklung seiner Bank. Und, wie vom vergangenen Jahr, von der tollen Feier zum 425-jährigen Bestehen mit dem weltberühmten Musiker Robbie Williams als Stargast: "Wir haben alle mitgesungen."

Briefkastenfirmen seien "weder verboten noch prinzipiell illegitim", sagt der Verband

Eigentlich sind in der Geldbranche ganz andere Sangeskünste angebracht. Immer mehr Banken packen notgedrungen aus; gestehen Beihilfe zur Steuerhinterziehung mit Schwarzgeldkonten und Briefkastenfirmen, nachdem ihnen die Ermittler auf die Schliche gekommen sind. Banker gestehen; sie singen, wie das so heißt. Auch wegen der Panama Papers, in denen viele deutsche Geldinstitute vorkommen. Doch der Bankenverband nimmt eine zweideutige Haltung ein. Steuerhinterziehung sei "kein Kavaliersdelikt, sondern muss geahndet werden", sagte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer Anfang April. Um sogleich hinzufügen: "Briefkastenfirmen mögen anrüchig sein, doch sie sind weder verboten noch prinzipiell illegitim."

Kemmer war von 2006 bis 2009 erst Finanzvorstand und dann Vorstandschef der Bayern-LB. Deren frühere Luxemburger Tochter wiederum hatte den Panama Papers zufolge von 2005 bis 2010 insgesamt 129 Briefkastenfirmen an Bank-Kunden vermittelt oder für diese verwaltet. Ausgerechnet ab 2005. Ab jenem Jahr, als die EU Steuerhinterziehung mittels ausländischer Schwarzgeldkonten erschwerte und viele Reiche sich mit Hilfe ihrer Banken Briefkastenfirmen in Panama anschafften, um dort Vermögen zu verstecken.

Statt solche Vorgänge groß zu thematisieren, warnt der BdB lieber vor einer zu komplexen Regulierung der Banken. Und gibt Tipps für die EM.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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