Bahnstreit:Arbeitsgericht schlägt Vergleich vor

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Im Streit zwischen Bahn und Lokführern schlägt das Arbeitsgericht Nürnberg einen Kompromiss vor: Das Streikverbot soll aufgehoben werden - wenn die Lokführer eine Gegenleistung erbringen.

Im Tarifstreit bei der Bahn erwägt das Arbeitsgericht Nürnberg eine Aufhebung des Streikverbots für die Lokführer im Güter- und Fernverkehr. Arbeitsrichterin Silja Steindl machte dies in der Verhandlung am Freitag aber davon abhängig, dass die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) im Gegenzug für eine befristete Zeit auf Streiks verzichtet.

GDL-Chef Manfred Schell schlug dafür einen Zeitraum von anderthalb Wochen ab Beginn der Vermittlung durch die CDU-Politiker Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf vor. Diese solle am kommenden Mittwoch anlaufen.

Die Bahn bestand indes auf einem Streikverzicht mindestens bis Ende August. Für Beratungen der Kontrahenten wurde die Verhandlung am Mittag unterbrochen.

Der Einsatz von zwei Vermittlern im Konflikt zwischen Deutscher Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL ist nach Ansicht des Arbeitsrechtsexperten Ulrich Zachert bisher ohne Beispiel in Deutschland.

Der Bahn geht es darum, das Gesicht zu wahren

"Das ist nicht Fisch und nicht Fleisch", sagte der 64 Jahre alte Jura-Professor an der Universität Hamburg am Freitag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Im Prinzip handele es sich um eine unverbindliche Schlichtung, wie sie zum Beispiel bei Tarifkonflikten in der Metall-Industrie häufig vorkomme.

"Bahn und GDL haben sich im Vorfeld nicht verpflichtet, sich am Ende dem Urteil der Schlichter zu unterwerfen." Am Donnerstag waren die früheren CDU-Spitzenpolitiker Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler als Mediatoren benannt worden.

Besonders für die Bahn gehe es im Tarifstreit mit der kleinen Lokführergewerkschaft GDL darum, das Gesicht zu wahren. "Deshalb wurde offenbar der Begriff Mediator gewählt. Dieser kommt aus dem angelsächsischen und hört sich weniger verbindlich an, als Schlichter."

Die Trennlinie zwischen Mediation und Schlichtung sei in diesem Fall fließend, glaubt Zachert. "Es bleibt beispielsweise unklar, ob die bei Schlichtungen oft übliche Friedenspflicht gilt, die Streiks untersagt", sagte Zachert, der auch ehrenamtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht in Erfurt ist.

Bestünde eine Friedenspflicht, dürfte die GDL nur zu Warnstreiks aufrufen. Die Lokführergewerkschaft hatte am Donnerstag erklärt, während der Vermittlung auf Streiks zu verzichten. Man wolle das angespannte Klima nicht weiter anheizen und schnell zu konkreten Tarifverhandlungen kommen, sagte GDL-Vize Claus Weselsky.

In der Chemieindustrie gibt es für solche Situationen im Tarifstreit laut Zachert eindeutigere Regelungen. "Hier dominiert die verbindliche Schlichtung: Jede Partei unterwirft sich dem späteren Spruch des Schlichters."

Er hält den am Donnerstag vereinbarten Versuch einer Art "Ad-hoc-Schlichtung" für den derzeit einzig möglichen Ausweg. "Die Situation zwischen Bahn und Lokführern ist so verkantet wie zwischen zwei Eheleuten, die nach langem Streit nicht mehr miteinander reden können." Es sei aber völlig unklar, ob am Ende der Vermittlung ein konkretes Ergebnis stehe.

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