Autovermieter:Geiz wagen

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Bescheid wissen, Vorteile nutzen: Billig-Verleiher locken mit Schnäppchen. Im Kleingedruckten lauern jedoch häufig Fallen. Wer nicht aufpasst, bezahlt mehr. Manchmal lohnt es sich deshalb eher, die etablierten Vermieter zu wählen.

Von Gerald Drißner

(SZ vom 29.10.03) — Auf die Idee brachte ihn das Geständnis seiner Frau. Sie kaufe auch bei Aldi ein, vertraute Regine Sixt ihrem Mann an. Zwar nicht alles und nicht immer, aber doch ab und an.

Bei der Mahlzower Autovermietung auf Usedom kann man von Mai bis September Trabis mieten. (Foto: Foto: AP)

Als Erich Sixt dann etwas später die Nachricht erhielt, 80 Prozent aller Deutschen kauften bei einem Discounter ein, war er endgültig überzeugt: "An Geiz ist geil kommen wir nicht vorbei."

Auf Sixt folgt Sixti

Im Mai gründete Deutschlands größter Autovermieter das Unternehmen Sixti. Sixti vermietet Autos zu Schnäppchenpreisen - ein Konzept, das zunehmend Nachahmer findet.

Der erste Preisbrecher fuhr im vergangenen November vor. Der Berliner Baumaschinen-Vermieter MVS ging mit Navicar an den Start und drückte kräftig auf die Preisbremse.

Interrent, eine Tochter von Europcar, folgte im April. Seit Mitte Oktober mischt auch Avis, Deutschlands drittgrößter Autovermieter, mit dem Unternehmen AvisBasic auf dem Low-Cost-Markt mit.

Bundesweit gibt es rund 700 Autovermieter, 15 davon sind Billig-Anbieter. Die Discounter haben etwas gemeinsam: Sie kupfern das Prinzip der Billig Flieger ab.

Je früher gebucht wird, desto attraktiver ist der Preis. Die Angebote reichen von 99 Cent bis 8,99 Euro - so viel kostet die Tagesmiete für ein Auto.

Das sagt zumindest die Werbung. Die Stiftung Warentest hat die Preisdrücker in Berlin unter die Lupe genommen. Von Freitag, 18 Uhr, bis Montag, 8 Uhr, wollten die Verbraucherschützer Anfang August ein Auto mieten; gebucht wurde zehn Wochen im Voraus. Die Preise waren sehr unterschiedlich.

Interrent war mit 26,07 Euro am günstigsten, der teuerste Anbieter war Navicar mit 76,20 Euro. "Die Preise in der Werbung sind nur ein Lockmittel. Fast jeder Kunde zahlt mehr" warnt Kerstin Backofen von der Stiftung Warentest.

Sonntagsfahrer zahlen mehr

Wer billig fahren möchte, muss einige Abstriche machen. Sonntagsfahrer haben keine guten Aussichten auf einen günstige Wagen, sie müssen gewöhnlich tief in die Tasche greifen.

In manchen Fällen bleibt ihnen das Auto sogar verwehrt: "Einige Anbieter halten ihre Ausleihstationen am Samstag und Sonntag geschlossen", sagt die Expertin von der Stiftung Warentest.

Hat ein Autovermieter am Wochenende geöffnet, gilt auch hier: Steigt die Nachfrage, steigt der Preis - und zwar oft sehr schnell. Im Kleingedruckten finden sich versteckte Zuschläge. "Die neuen Verleiher bieten in der Regel nur Einwegmieten an", sagt Katrin Müllbach-Schlimme vom ADAC.

Das heißt: Wer beispielsweise ein Auto in Berlin ausleiht, kann dieses in Hamburg nicht zurückgeben - die Übergabe ist nur beim Vermieter in Berlin möglich. Je nach Anbieter sind auch nur 100 bis 300 Kilometer im Preis inbegriffen. Jeder zusätzliche Kilometer kostet bis zu 18 Cent.

Angebote nicht vergleichbar

Gebucht wird der Wagen im Internet. Eine telefonische Reservierung ist häufig nur über eine teure 0190-Nummer möglich. Auch Mitfahrer kosten extra.

Bis zu fünf Euro muss der Mieter für einen Beifahrer berappen. "Einen Zweitfahrer sollte man auf jeden Fall melden. Bei einem Unfall würde sonst die Versicherung nicht zahlen", warnt Kerstin Backofen.

Die erste Ausfahrt führt oft zur Tankstelle. Die Tankuhr zeigt gelegentlich schon beim Anlassen des Motors die Reserve an. Die Expertin von Stiftung Warentest weiß warum: "Bei fast allen Anbietern kann das Auto mit einem beliebigen Tankstand zurückgegeben werden."

Wer einen Mercedes, Audi oder BMW fahren möchte, ist bei einem Billig Anbieter an der falschen Adresse. Fast immer wird nur eine einzige Marke angeboten, vielleicht noch eine etwas teurere Alternative. Viele Schnäppchen-Vermieter haben den Stadtflitzer Smart im Angebot - manchmal sogar mit Navigationssystem und Klimaanlage.

Die Rückgabe des Autos hat einige Tücken. Eine Ausfahrt im Regen oder bei Schnee kostet vermutlich mehr als eine Tour bei Sonnenschein.

Schlammspritzer, Insektenreste oder sonstige Verschmutzungen, so beispielsweise die Geschäftsbedingungen bei Sixti, müssen beseitigt werden; sonst werden für die Reinigung des Wagens 15 Euro in Rechnung gestellt.

Happige Folgen

Wer es mit Pünktlichkeit nicht so genau nimmt, sollte besser die Finger von Billigautos lassen. Gibt man das Auto verspätet zurück, kann das happige Folgen haben: Bis zu 55 Euro sind für diesen Lapsus fällig.

"Der Tarif-Dschungel verhindert eine klare Transparenz. Der Laie kann die Angebote kaum vergleichen" , sagt ADAC-Expertin Müllbach-Schlimme. Ein Sprecher von Sixt hält dagegen: "Die meisten Kunden verstehen das Angebot und fahren günstig. Wir haben schon Buchungen für 2004 erhalten. Dann kriegt man auch den versprochenen billigen Preis."

Trotz hoher Zusatzkosten sind die neuen Anbieter günstiger als die traditionellen Autovermieter. Das bestätigt auch Kerstin Backofen von der Stiftung Warentest. "Nur sind die Angebote bei weitem nicht so günstig wie die Werbung suggeriert."

Zielgruppe: junge Großstädter

Die traditionellen Autovermieter haben wenig Freude mit den Discountern: "Zu einem Preis zwischen fünf und zehn Euro kann niemand ein Auto vermieten und damit auch noch einen Gewinn machen", sagt Klaus Langmann-Keller, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Autovermieter Deutschlands (BAV).

Geschäftskunden würden weiterhin einen traditionellen Anbieter wählen. Diese möchten, so der Sprecher weiter, zu jeder Zeit und ohne langes Rechnen ein Auto mieten, losfahren und da zurückgeben, wo sie wollen. Die Billig-Anbieter wissen das.

Ihre Kunden seien vorwiegend junge Leute in Großstädten, aber auch Touristen. Man bediene ein neues Marktsegment und wolle sich ja nicht selbst kannibalisieren, sagt ein Sprecher von Sixt.

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