Autohandel:Wackelige Kredite

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BMW und seine Tochter Mini verkauften vergangenes Jahr gut 360 000 Autos in den USA: Interessenten bei einem kalifornischen Händler. (Foto: Patrick T. Fallon/Bloomberg)

Teure Autos für Kunden ohne Geld: BMW muss in Australien eine Wiedergutmachung in Millionenhöhe zahlen, weil der Konzern zu gewagte Darlehen ausgegeben hat.

Von Thomas Fromm, München

"Ninja-Loans" nannten die Amerikaner in den Nullerjahren Kredite für jene Immobilienkäufer, die nicht viel hatten außer der Sehnsucht nach den eigenen vier Wänden. "Ninja-Loans", das stand für "No income, no job or asset". Kein Einkommen, kein Job, keine Sicherheiten, aber einen Kredit. Garantiert!

Wie die Sache ausging, ist bekannt. Viele Menschen konnten ihre Schulden nicht mehr bezahlen, die Kredite faulten in den Büchern der Institute vor sich hin, wurden von den Banken verbrieft und als toxische Wertpapiere rund um den Globus verkauft. Als die Zeitbomben auf Reisen gingen, lösten sie die Finanzkrise aus. Die Lehre aus all dem war: Man sollte Menschen, die kein Geld haben und auch keines verdienen, keine großen Kredite andrehen, denn am Ende sind alle unglücklich - vor allem die Kunden selbst.

Es wurden Kunden Autokäufe ermöglicht, die sich so etwas überhaupt nicht leisten konnten

Doch nicht nur für Häuserkäufer gab es "Ninja-loans". In Australien ist nun eine BMW-Tochter zu einer Wiedergutmachung in Millionenhöhe verpflichtet worden. Grund: Die australische Finanzsparte des Autobauers soll Kredite an Menschen vergeben haben, die sich den teuren Kauf eines Premiumwagens gar nicht leisten konnten, so die Aufsichtsbehörde Australian Securities and Investment Commission (ASIC). Bei dem Wiedergutmachungsprogramm geht es um umgerechnet 50 Millionen Euro, mit denen an die 15 000 Kunden entschädigt werden sollen. Sie waren zwischen Januar 2011 und August 2016 wegen ihrer Verträge ins Schlingern gekommen. BMW muss alleine zehn Millionen Euro an Wiedergutmachung zahlen, 5,2 Millionen Euro für Zinsreduzierungen bei noch laufenden Kreditverträgen und sogar einen pädagogischen Obolus: 3,5 Millionen Euro müssen die Münchner für ein Bildungsprogramm bereitstellen, in dem die Konsumenten für den richtigen Umgang mit Geld und Krediten sensibilisiert werden sollen.

Die Frage, die sich nun stellt, ist die: Ist Australien nur die Spitze eines Eisbergs? Droht aus der Autobranche die nächste Subprime-Welle? Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen sagt: unwahrscheinlich. "Die Hersteller haben dafür ihre eigenen Banken, und die passen in der Regel gut auf, dass die Kredite, die ausgegeben werden, in Ordnung sind. Denn wenn das Geld nicht zurückkommt, fliegen die Manager raus."

Im vorliegenden Fall hatte man sich offenbar wenig Gedanken über die Zukunft des Kredits gemacht: Die Untersuchungen aus Australien förderten demnach zutage, dass man es mit der Beratung seiner Kunden offenbar nicht ganz so genau nahm. Ein 21-jähriger Flüchtling etwa soll ein Darlehen in Höhe von 23 000 Australischen Dollar (etwa 16 000 Euro) bekommen haben, obwohl er für seinen Job nur einen Ein-Monats-Vertrag hatte. In einem anderen Fall soll ein Käufer einen Kredit über 50 000 Australische Dollar bekommen haben, obwohl der ausgewählte Wagen nur die Hälfte der Kredithöhe wert war.

BMW teilte zu dem Fall mit: Die Finanztochter BMW Australia Finance Limited arbeite "bereits seit längerem mit der Australian Securities and Investments Commission (ASIC) zusammen, um die unternehmerischen Prozesse zur Einhaltung aller gesetzlichen Verpflichtungen anzupassen".

Die australische Aufsichtsbehörde schreibt auf ihrer Internetseite, BMW Finance habe "eine verkaufsgetriebene Kultur" gehabt, die "nicht mit den Anforderungen der Kreditregeln im Einklang stand und bei vielen Kunden zu dürftigen Ergebnissen führte". Kunden, die zwischen 2011 bis 2016 einen Autokredit abgeschlossen hätten, könnten nun an dem Programm teilnehmen.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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