Außergewöhnlicher Kaufkraftvergleich:Burgernomics

Lesezeit: 2 min

Die Kombination aus Bulette plus Brötchen plus labbriger Gurke ist nicht nur in der Gastronomie wichtig - sondern auch in der ökonomischen Theorie. Seit 25 Jahren wird mit dem Preisen für Big Macs ermittelt, wie stark sich die Kaufkraft weltweit unterscheidet. Vor allem für China dürfte das aktuelle Ergebnis interessant sein.

Viola Schenz

Das hatten sich die Brüder Richard und Maurice McDonald damals, als sie 1940 in Kalifornien ihr Unternehmen gründeten, wohl nicht gedacht: dass ihre Hackfleischbrötchen eines Tages Politikwissenschaftler und Ökonomen inspirieren würden. So besagt etwa eine Theorie, es sei extrem unwahrscheinlich, dass zwei Staaten, in denen McDonald's Restaurants betreibt, Krieg gegeneinander führen. Die andere vergleicht die Kaufkraft einer Währung und bedient sich dabei des Big Mac, also des doppelstöckigen Hamburgers der amerikanischen Fastfood-Kette.

Was kostet ein Big Mac - und was kostet die Welt? (Foto: dpa)

Auf die Idee mit dem Kaufkraftvergleich kam im September 1986 eine Redakteurin des britischen Magazins The Economist. Ihr "Big-Mac-Index" war damals eigentlich nur als witzige Veranschaulichung gedacht. Doch er erwies sich als so einleuchtend, dass er seitdem jährlich wiederkehrt - und als ein Markenzeichen des Magazins derzeit sein 25-jähriges Jubiläum feiert.

Der Index stellt die Theorie der Kaufkraftparität auf die Probe. Diese besagt, dass sich der Wechselkurs zwischen zwei Währungen so lange verändert, bis gleiche Kaufkraft herrscht. Anders ausgedrückt: Ein identisches Produkt kostet irgendwann überall gleich viel. Der Big Mac ist ein solch identisches Produkt, er zeigt aber, dass Währungen oft über- oder unterbewertet sind.

Der Burger wird in mehr als 100 Ländern angeboten, enthält fast überall dieselben Zutaten in derselben Menge und wird auf dieselbe Weise hergestellt. Der Index rechnet weltweit Big-Mac-Preise nach dem gültigen Wechselkurs in US-Dollar um und vergleicht. So kostet der Burger in den USA derzeit durchschnittlich 4,07 Dollar, in China umgerechnet 2,27 Dollar - also 44 Prozent weniger. Demnach ist der chinesische Yuan um 44 Prozent gegenüber dem Dollar unterbewertet. In Schweden dagegen, wo der Burger umgerechnet 7,64 Dollar kostet, wäre somit die Krone fast 90 Prozent überbewertet.

Diese "Burgernomics" soll die Theorie der Kaufkraftparität "etwas leichter verdaulich machen" ( Economist), selbst wenn sie nicht allen Kriterien der reinen Lehre nachkommt. Dennoch hat sie sich als Standard etabliert, hat sich in Ökonomie-Lehrbüchern festgeschrieben, war Untersuchungsgegenstand in zwei Dutzend wissenschaftlichen Studien und ist wegen der Treffsicherheit ihrer Währungsprognosen geschätzt.

Nicht immer hatte es der Index leicht, von vielen Seiten drohten Konkurrenten. So schickte sich selbst sein Erfinder, der Economist, im Jahr 2004 an, den Doppeldecker durch einen Tall-Latte-Index von Starbucks zu ersetzen. Jahre darauf gab es ähnliche Versuche mit dem iPod Nano aus dem Hause Apple und dem Billy-Regal von Ikea. Doch sie alle hatten keine Chance gegen den Burger.

Mit Essen soll man ja nicht spielen, im Fall der Big-Mac-Theorie möge es erlaubt sein. Ihr Erfolg verlangt es sogar.

© SZ vom 27.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: