Aufsichtsrat:Machtkampf bei der Deutschen Bank

Lesezeit: 2 min

Schon länger tobt ein Streit im Aufsichtsrat der Deutschen Bank. In der Kritik steht der Leiter des Integritätsausschusses.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Das hat es selbst bei der skandalerprobten Deutschen Bank noch nicht gegeben: Einen öffentlichen Machtkampf im Aufsichtsrat des Instituts. Bislang liefen die Zankereien stets hinter verschlossenen Türen. Im Mittelpunkt steht nun das einflussreiche Aufsichtsratsmitglied Georg Thoma, ein Rechtsanwalt, der sich nach der Meinung seiner Kollegen im Kontrollgremium übereifrig in die Aufarbeitung der skandalträchtigen Vergangenheit verbissen hat. Der 71-jährige leitet den Integritätsausschuss des Gremiums, wo die diversen Skandale der Bank - Russland, Libor, Devisen - aufgearbeitet werden. Von dort aus aber blockiere Thoma den Neuanfang der Bank, werfen ihm seine Kritiker vor. "Mit seinem Übereifer und der juristischen Selbstverwirklichung stößt Dr. Thoma zunehmend auf Kritik", lässt sich Alfred Herling, Betriebsratschef und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zitieren. "Er überzieht, wenn er immer breitere Untersuchungen fordert und immer noch mehr Anwälte aufmarschieren." Herling hält die Ausgaben für die Anwälte für "nicht mehr verhältnismäßig". Mit Ex-SAP-Chef Henning Kagermann lässt sich zudem ein Vertreter der Kapitalseite zitieren. "Bei aller Sorgfalt, die wir haben walten lassen, ist es uns wichtig, dass die Deutsche Bank dieses Kapitel endlich abschließt und mit voller Kraft wieder in die Zukunft schaut." Da sei der Aufsichtsrat "mit großer Mehrheit einig", sagte er.

Nach SZ-Informationen tobt der Streit zwischen Thoma und dem Rest des Gremiums bereits seit Monaten. Früher einmal war Thoma sogar befreundet mit Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Diese Freundschaft aber scheint nun Geschichte. Hintergrund ist dem Vernehmen nach ein Zwist über die richtige Aufarbeitung der Skandale. Aufhänger für den Konflikt ist die missglückte Kommunikation der Bank mit der britischen Finanzaufsicht FCA. Dabei geht es auch um die Rolle Achleitners. Dieser führt das Gremium zwar erst seit 2012 und ist daher in die großen Skandale der Vergangenheit nicht verwickelt, womöglich aber ist er mitverantwortlich für die schleppende Aufarbeitung der zahlreichen Skandale. Da mehrere Behörden der Bank vorwarfen, nicht gut kooperiert zu haben, fielen die Strafen höher aus als bei anderen Instituten.

Derzeit prüfen Vorstand und Aufsichtsrat daher wechselseitig, ob einer der Ex-Manager oder sogar Achleitner selbst Schadenersatz zahlen muss. Diese Prüfung sollte eigentlich bis zur Hauptversammlung Ende Mai abgeschlossen sein, damit Achleitner dort unbelastet auftreten kann. Gerade aber diese Untersuchung zögere Thoma hinaus, heißt es nun im Aufsichtsrat. Am Donnerstag sehen sich die Beteiligten wieder, wenn das Kontrollgremium vor Bekanntgabe der Quartalszahlen tagt. Die Atmosphäre wird sicherlich eisig sein. Thoma war am Sonntag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

© SZ vom 25.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: