Aufsichtsrat billigt Investitionen:Lufthansa bestellt bei Boeing

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Die größte deutsche Fluggesellschaft entscheidet sich erstmals seit neun Jahren wieder für ein Modell des US-Herstellers.

Jens Flottau

Die Lufthansa investiert weitere Milliarden in eine neue Langstreckenflotte. Der Aufsichtsrat der größten deutschen Fluggesellschaft traf sich am Mittwoch, um die Bestellung abzusegnen. Erstmals seit fast zehn Jahren kaufte das Unternehmen auch wieder bei dem amerikanischen Flugzeughersteller Boeing.

Ab 2010 fliegt die Lufthansa auch mit Boeing. (Foto: Foto: ddp)

Die Fluglinie entschied sich für 20 Boeing 747-8 und Optionen für weitere 20 Flugzeuge des Typs. Zudem bestellte die Lufthansa sieben Airbus A340-600. Der Auftrag hat nach Unternehmensangaben ein Volumen von 6,9 Milliarden Dollar.

Die neuen Boeing-Jets werden von 2010 an ausgeliefert. Davor übernimmt die Fluggesellschaft bereits weitere sieben Airbus-Langstreckenjets, um kurzfristig das Wachstum auf den Langstrecken fortsetzen zu können.

Für Boeing ist der Auftrag ein Schlüsselerfolg. Lufthansa ist die erste Fluggesellschaft, die die Passagierversion der neuen 747-8 bestellt. Bislang hat es Boeing lediglich auf 49 Aufträge für den Frachter gebracht.

Deal mit Signalwirkung

Boeing erhofft sich von dem Deal eine Art Signalwirkung, durch die sich weitere Fluggesellschaften für die Maschine begeistern könnten. Die 747-8 wird bei der Lufthansa mittelfristig einen Teil der dreißig 747-400 ersetzen, die aus Altersgründen ausgetauscht werden müssen.

Die 747-8 hat in einer Standardauslegung rund 470 Sitze und ist damit deutlich größer als der bisherige Jumbo und deutlich kleiner als der Airbus A380. Lufthansa wird die neue 747 mit rund 400 Sitzen betreiben.

Lufthansa hat Boeing hinter den Kulissen seit Jahren zu der Entscheidung gedrängt, eine modernisierte und größere Version der 747 zu bauen. Boeing indes argumentierte lange, der Markt für große Langstreckenflugzeuge sei so klein, dass sich die Investitionen in neue Modelle nicht rechnen würden.

Angespanntes Verhältnis

Das Verhältnis zwischen der zweitgrößten europäischen Fluggesellschaft und dem US-Flugzeughersteller dürfte sich nach der Entscheidung für die 747 wieder ein wenig entspannen. Knapp neun Jahre liegt der letzte Lufthansa-Auftrag für Boeing zurück, was in Seattle für massive Verbitterung gesorgt hatte.

Umgekehrt hat die Fluggesellschaft immer wieder Innovationen und größere Preisflexibilität bei Boeing angemahnt. Bis zuletzt fanden die Verhandlungen nach Informationen aus der Branche in einer angespannten Atmosphäre statt.

Der Auftrag ist Teil eines umfassenden Flottenerneuerungs-programmes. Bereits im September hatte Lufthansa fünf Maschinen vom Typ Airbus A330 gekauft. Die Fluggesellschaft musste umdisponieren, weil die 15 bestellten Airbus A380 voraussichtlich erst von Mitte 2009 an ausgeliefert werden. Das Programm ist wegen der Schwierigkeiten beim Produktionshochlauf um insgesamt zwei Jahre in Verzug geraten.

Darüber hinaus will sich die Fluggesellschaft voraussichtlich im Frühjahr zwischen dem neuen Airbus A350 und der Boeing 787 entscheiden. Die beiden derzeit in der Entwicklung befindlichen Modelle sind mittelgroße Langstreckenflugzeuge, für die beide Hersteller ein besonders großes Wachstum sehen.

Unklarheiten im Europaverkehr

Auch im Europaverkehr muss Lufthansa weiter in die Flotte investieren. Vor allem die Regionaltöchter CityLine und Eurowings brauchen über kurz oder lang neue und größere Flugzeuge. Doch die Entscheidung für neue Jets in dieser Größenordnung hängt von einer Einigung mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) ab.

Dem so genannten Konzerntarifvertrag zufolge müssen alle Flugzeuge mit mehr als 70 Sitzen von den - deutlich besser bezahlten - Piloten der Lufthansa selbst geflogen und dürfen nicht bei den günstigeren Tochtergesellschaften eingesetzt werden. Ausnahmen gibt es zwar bereits, aber eine grundsätzliche Einigung steht noch aus.

Gerade im Regionalflugverkehr fällt der Lufthansa das Planen aber schwer. Die Billigfluggesellschaften setzen die etablierten Anbieter dermaßen unter Druck, dass sich diverse Strecken irgendwann nicht mehr rentieren könnten. Für die Lufthansa ist aber ein dichtes Zubringernetz auch aus kleineren Märkten wichtig, um die Langstreckenflugzeuge in Frankfurt und München füllen zu können.

© SZ vom 06.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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