Assekuranz:Berlin beunruhigt Lebensversicherer

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Die Bundesregierung will Erleichterungen und neue Regeln durchsetzen. Es geht auch um die Höhe der Provisionen.

Von Jonas Tauber, Berlin

Ein Regierungskonzept zur Reform der Lebensversicherung sorgt für Aufregung. Es enthält die lange von der Versicherungswirtschaft geforderte Erleichterung bei der sogenannten Zinszusatzreserve, einem Puffer für Risiken aus hohen Zinsgarantien. Er ist inzwischen 60 Milliarden Euro schwer und soll künftig langsamer aufgebaut werden. Das findet den Beifall der Branche - ganz anders als die ebenfalls geplante Obergrenze für Provisionen. Zudem will die Bundesregierung das Thema Run-off künftig genau beobachten. Besonders spannend dabei: Berlin sieht Handlungsbedarf beim Sicherungsfonds für Lebensversicherer. "Die Anforderungen an die Organisation und die Geschäftsführung des Sicherungsfonds werden erhöht", heißt es.

Dass die Regierung jetzt Bedarf sieht, die gesetzlichen Vorgaben des Sicherungsnetzes für in Not geratene Versicherer zu präzisieren, lässt gerade Verbraucherschützer aufhorchen. Ziel sei ein klar strukturierter, verfahrenssicherer Prozess im "Sicherungsfall", heißt es in dem Papier. Der Bund der Versicherten (BdV) wertet das als Alarmzeichen. "Ausdrücklich sollen Maßnahmen ergriffen werden, damit bei einer Versicherungspleite schneller reagiert werden kann", sagt sein Vorstandssprecher Axel Kleinlein. Warum die Regierung mit dem Schlimmsten rechnet, sei unklar. Er fordert sie auf, aus der Deckung zu kommen und "Tacheles" zu reden.

Das Finanzministerium kommentiert das Papier nicht. Es ist als Entwurf gekennzeichnet und auf den 7. Juni datiert. Der Hintergrund des aktuellen Entwurfs ist die Überprüfung des 2014 in Kraft getretenen Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) durch das Bundesfinanzministerium. Das Gesetz sollte die Lebensversicherer in Zeiten der Niedrigzinsen stabilisieren. Dafür wurden unter anderem Ansprüche von Kunden beschnitten und gleichzeitig sehr weiche Regeln für Provisionen eingeführt. Ob diese und weitere Maßnahmen des Gesetzes gegriffen haben, soll ein bisher unveröffentlichter Evaluationsbericht klären. Das vorliegende Papier gehört offenbar zu diesem Prozess. Die Fachpolitiker des Bundestags haben bislang keinen Bericht gesehen. Ursprünglich war bereits für Mai damit gerechnet worden.

Jetzt zeigt der kursierende Maßnahmenkatalog, wie die große Koalition hier denkt. Die Provisionen an Vermittler sind nicht in dem Maße gesunken, wie vom Gesetzgeber gewünscht. Denn der Entwurf sieht ein fixe Begrenzung, einen Provisionsdeckel vor. In welcher Höhe, schreiben die Verfasser nicht. Der BdV hält das für mehr als überfällig. "Die Branche hat es versäumt, von sich aus dem Willen des Gesetzgebers zu folgen und die Abschlusskosten zu senken", sagt Vorstandssprecher Kleinlein.

Im Papier geht es auch um geschlossene Versicherungsbestände, den Run-off, und den Verkauf solcher Bestände. Pläne der Versicherer Ergo und Generali, Bestände mit mehreren Millionen Verträgen zu verkaufen, hatten 2017 die Kritik von Regierungspolitikern erregt. Das aktuelle Papier sieht die Aufsicht ausreichend gerüstet, kündigt aber bei Bedarf weitere gesetzliche Regelungen an. Ergo hat seine Pläne inzwischen zurückgezogen, Generali überlegt noch.

© SZ vom 22.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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