Anleihekäufe:"Abruptes Ende unwahrscheinlich"

Lesezeit: 1 min

Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, will im Dezember über eine Fortsetzung des milliardenschweren Kaufprogramms entscheiden. Die Zinsen werden nicht weiter sinken, erwarten Experten.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) entscheidet noch in diesem Jahr, ob sie ihr Anleihekaufprogramm verlängern wird. "Nach unserer nächsten geldpolitischen Sitzung im Dezember können wir sagen, was wir in den Monaten danach machen werden", sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Bislang soll das in Deutschland sehr umstrittene 1,7 Billionen Euro teure Kaufprogramm im März 2017 enden. Allerdings hatte sich die EZB von Anfang an eine Verlängerung offen gehalten und diese Option auch schon einmal gezogen hat. Im März erhöhte die Notenbank die monatlichen Ankaufvolumina von 60 auf 80 Milliarden Euro und dehnte die Laufzeit um ein halbes Jahr aus. Nun sieht es so aus, als ob die EZB ein zweites Mal verlängern wird.

"Ich halte ein abruptes Ende der Ankäufe im März für unwahrscheinlich", sagt Draghi weiter. Damit scheint es ausgemacht, dass die EZB den Erwerb von Staats- und Unternehmensanleihen bis weit ins Jahr 2017 hinein fortsetzen wird. "Bislang haben wir einen Ausstieg oder eine Verlängerung der Maßnahmen im Gremium aber nicht diskutiert", sagte Draghi. Die zuständigen Ausschüsse der Notenbank wollten bis Dezember alle möglichen Optionen durchrechnen, auf deren Grundlage der EZB-Rat dann entscheiden werde. "Ich rechne damit, dass die EZB das ganze kommende Jahr hindurch Anleihen kaufen wird", sagte Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt der Bank Nordea. "Weitere Zinssenkungen erwarte ich nicht."

Der Leitzins in der Währungsunion liegt seit Monaten bei null Prozent. Europas Banken müssen auf ihren Konten bei der EZB sogar einen Strafzins von 0,4 Prozent bezahlen. Inzwischen legen einige Banken diesen Strafzins auch auf die Privatkunden um. Das Ziel der EZB ist es, die Inflationsrate in der Euro-Zone wieder nahe der Marke von zwei Prozent zu fixieren. Im September lag die Teuerungsrate bei 0,4 Prozent. In den letzten Monaten waren die Preise im Schnitt sogar gesunken. Die EZB fürchtet bis heute, die Euro-Zone könnte in eine Deflation rutschen. Langfristig sinkende Preise, so die Sorge, würde die Wirtschaft empfindlich schwächen. Draghi sagte, dass sich die Wirtschaft in der Euro-Zone zwar erhole, doch der EZB-Präsident mahnte dennoch an, dass die Regierungen der Euro-Staaten ihre Wirtschaft reformieren müssten. "In allen Staaten sind Reformen nötig, die mehr Jobs und Investitionen bringen."

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: