Angst vor Abschwung:Volkswagen steht vor "harten Einschnitten"

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Die Finanzkrise ist bei VW angekommen: Konzernchef Winterkorn bereitet seine Belegschaft auf eine Durststrecke vor - und plant offenbar, die Zahl der Leiharbeiter zu senken.

K.-H. Büschemann

Jetzt ist die Finanzkrise auch im VW-Konzern angekommen. "Wir kommen um harte Einschnitte nicht herum", sagte der Volkswagen-Vorstandsvorsitzende am vergangenen Montag vor 500 Führungskräften des Konzerns.

VW-Chef Martin Winterkorn (Archivbild) (Foto: Foto: ddp)

Wenn Kosten stiegen und Erträge wegbrächen, sei klar: " Jetzt ist noch mehr Disziplin bei Investitionen und laufenden Kosten gefragt", sagte Winterkorn auf der Zusammenkunft, die einberufen worden war, um "viele offene Fragen" (Winterkorn) zu beantworten.

Eine Folge der durch die Finanzkrise ausgelösten Flaute könnte sein, dass VW sich von seinen Leiharbeitern trennen wird. Derzeit werden bei VW die Verträge aller 5000 im Inland beschäftigten Leihkräfte überprüft, heißt es im Unternehmen. Ein Bericht der FAZ, nach dem bei VW 25.000 Leiharbeiter ihre Arbeitsplätze verlieren sollen, wird von dem Konzern vehement dementiert.

Winterkorn sagte vor den Führungskräften, die Aussichten seien schon lange nicht mehr so schlecht und so unsicher gewesen. Die Heftigkeit des Abschwungs nannte er "besorgniserregend". Der VW-Chef äußert sich damit ähnlich wie viele andere Autokonzernchefs zuvor.

"Deutlich schlechteres Bild"

Offenbar ist die Autoindustrie weltweit eine der ersten Branchen, die von der Kaufzurückhaltung der Menschen und der restriktiven Kreditpolitik der Banken betroffen sind. So ist der Automarkt in den USA im September um 27 Prozent zurückgegangen. In Spanien brach der Markt für neue Autos um 32 Prozent ein, in Großbritannien beträgt der Rückgang 21 Prozent. Damit sind die Märkte, auf denen die Immobilienkrise am heftigsten tobt, am stärksten von dem Nachfragerückgang betroffen.

Das hatte auch Folgen für den Wolfsburger Konzern, der bis zuletzt den Eindruck vermittelte, von der Krise nicht berührt zu sein. Vor allem der September habe "ein deutlich schlechteres Bild" gezeigt, sagte Winterkorn.

Bei der Marke Volkswagen sei der Absatz von Januar bis September um 1,2 Prozent zurückgegangen, berichtete der Unternehmenschef. Bei Skoda und VW-Nutzfahrzeuge habe das Wachstum nachgelassen. Die Ingolstädter Tochtergesellschaft Audi dagegen konnte im September ein Plus von zwölf Prozent verzeichnen.

Winterkorn befürchtet, dass die Erholung der Konjunktur diesmal länger dauern könnte als in früheren Abschwungsperioden. VW müsse sich auf "eine harte Durststrecke einstellen". Die schwierigen externen Rahmenbedingungen, die Marktentwicklung und die Finanzkrise bildeten "eine hochgefährliche Mischung". Trotzdem habe sich Volkswagen, so sagte Winterkorn, "in den letzten Monaten im Vergleich zum Wettbewerb sehr ordentlich geschlagen".

Aufruf an Mitarbeiter

Bei Opel und BMW hat das Management wegen des drastischen Nachfrageeinbruchs bereits die zeitweilige Schließung von Fabriken beschlossen. VW, der größte Autokonzern in Europa, hält nach den Worten von Winterkorn aber an seinen Zielen fest und werde im laufenden Jahr mehr Autos verkaufen als 2007.

Im vergangenen Jahr hat die Volkswagen-Gruppe mit ihren Marken VW, Seat, Audi, Skoda und Nutzfahrzeuge etwa 6,2 Millionen Fahrzeuge verkauft. Auch das Ergebnis werde 2008 besser ausfallen als ein Jahr zuvor. "2009 wird ein schwieriges, ein sehr schwieriges Jahr - für die gesamte Autoindustrie wie für den Volkswagen-Konzern", sagte Winterkorn

Der Vorstandschef appellierte an das Verständnis und die Kooperationsbereitschaft seiner Führungsmannschaft: "Wir können jetzt konsequent handeln und uns mit Augenmaß auf die neue Situation einstellen. Oder wir können die Dinge schleifen lassen. Dann treffen wir uns in einigen Monaten wieder - zu einem knallharten Krisengipfel", sagte Winterkorn auf der außerordentlichen Versammlung in Wolfsburg, zu der auch Manager ausländischer Werke zugeschaltet waren.

© SZ vom 24.10.2008/aho/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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