Angriff auf Lufthansa:Air Berlin übernimmt dba

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Die geplante Übernahme des Billigfliegers dba durch Air Berlin ist an der Börse auf Zustimmung gestoßen. Der Lufthansa erwächst ein schlagkräftiger Wettbewerber.

Als Nettokaufpreis für dba nannte Air Berlin-Vorstandschef Joachim Hunold am Donnerstag "einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag", ohne genauere Angaben zu machen. Mit der Übernahme wolle Air Berlin ihr Wachstum sichern.

dba gehört bald Air Berlin. (Foto: Foto: dpa)

"Wir konnten uns die Chance, unseren Wunschpartner zu gewinnen, nicht entgehen lassen", betonte Hunold. Die Streckennetze beider Fluglinien ergänzten sich hervorragend, weil es keine Überschneidungen gebe.

Air Berlin könne die innerdeutschen Verbindungen der dba "problemlos" in sein europäisches Netz integrieren und damit den Anteil der Geschäftsreisenden deutlich erhöhen.

Wertvolle Slots in München und Düsseldorf

Zudem könnten die Start- und Landerechte der dba vor allem an den Flughäfen München und Düsseldorf "nicht hoch genug" bewertet werden. "An diesen Flughäfen hätte Air Berlin aus eigener Kraft kaum noch wachsen können", sagte Hunold.

Die dba soll den Angaben zufolge als eigenständige Gesellschaft unter dem Konzerndach von Air Berlin weitergeführt worden. Die Flugpläne werden für den kommenden Winter noch aufeinander abgestimmt, wie Air Berlin weiter mitteilte. Ab April kommenden Jahres werde es dann einen gemeinsamen Sommerflugplan geben.

"Großangriff auf die Lufthansa"

Das Nachrichtenmagazin Focus bezifferte in seiner Online-Ausgabe den Kaufpreis unter Berufung auf Verhandlungskreise mit etwa 120 Millionen Euro. Hunold plane nun einen "Großangriff" auf die Lufthansa. Air Berlin könne dem Marktführer mit aggressiven Preisen zu schaffen machen.

dba ist nach Lufthansa und Air Berlin die drittgrößte deutsche Fluggesellschaft. Der Nürnberger Multi-Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl hatte im Juli 2003 die ehemalige Deutsche BA von British Airways zum symbolischen Preis von einem Euro erworben und als dba weitergeführt.

Sie beförderte den Angaben nach im vergangenen Geschäftsjahr mit ihren 29 Flugzeugen rund 4,3 Millionen Passagiere. Die Flotte von Air Berlin bestehe derzeit aus 58 Maschinen. Im vergangenen Jahr habe die Fluggesellschaft 13,5 Millionen Gäste Passagiere gehabt.

"Kein Personalabbau"

Air Berlin betonte, keinen Personalabbau zu planen. "Wir befinden uns in einer Wachstumsphase", sagte Hunold in einer Telefonkonferenz. "Einsparungen beim Personal haben wir nicht vorgesehen."

Zu Umsatz- oder Ergebniszielen nach der Fusion machte Air Berlin keine konkreten Angaben. Allerdings erwartet das Unternehmen bis 2008 einen Beitrag zum Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 71 Millionen Euro.

Die Synergien setzten sich zusammen aus Kosteneinsparungen im Einkauf, im Marketing und in der Verwaltung, sagte Hunold.

Im laufenden Jahr werde der Effekt gleich Null sein, da sich Integrationskosten und Synergien ausgleichen dürften. 2007 sei dann mit einem Beitrag zum EBIT von 31 Millionen zu rechnen und 2008 dann von 40 Millionen Euro.

Hunold rechnet im September mit der Zustimmung der Kartellbehörden zur Fusion von Air Berlin und dba.

Keine Auswirkungen auf LTU

Die Übernahme der dba durch Air Berlin soll zudem zunächst keine Auswirkungen auf den Ferienflieger LTU haben.

Anteilseigner der LTU-Muttergesellschaft LoMa blieben Wöhrls INTRO Verwaltungs GmbH mit 55 Prozent und die Beteiligungsgesellschaft des LTU-Chefs Jürgen Marbach mit 45 Prozent, teilte die Gesellschaft am Donnerstag mit.

LTU werde allerdings mit dba auch nach der Übernahme durch Air Berlin eng zusammenarbeiten. LTU war erst im Februar vom bisherigen dba-Eigner Wöhrl übernommen worden.

Zubringerdienste

So sollen der Düsseldorfer Fluggesellschaft zufolge die europäischen Flüge der Air Berlin und die innerdeutschen Flüge der dba als "Zubringerdienste für das LTU Langstreckennetz mit den Drehkreuzen Düsseldorf und München" fungieren, hieß es in einer LTU-Presseerklärung.

LTU werde die bisherige Strategie weiter verfolgen, und einen "deutlichen Fokus auf die Langstrecke" legen.

Der Luftfahrtunternehmer Wöhrl hatte sich Mitte Februar 2006 eine 60-prozentige Mehrheit an der angeschlagenen LTU gesichert. Damals hatte er als Ziel ausgegeben, durch die Allianz von dba und LTU den ersten Billigflieger mit weltweitem Netz zu schaffen.

Ideale Ergänzung

Die beiden Gesellschaften seien eine ideale Ergänzung und zusammen der zweitgrößte Anbieter auf dem deutschen Markt. Die dba sei im innerdeutschen Luftverkehr stark, LTU verfüge über ein attraktives internationales Streckennetz.

LTU-Geschäftsführer Jürgen Marbach betonte am Donnerstag, in den vergangenen sechs Monaten der Partnerschaft mit dba seien "alle identifizierbaren Synergien realisiert" worden. "Dies führt in diesem Jahr zu Kosteneinsparungen in zweistelliger Millionenhöhe, die das LTU Ergebnis für das Jahr 2006 entsprechend entlasten."

Die Kooperation mit dba bringe LTU in diesem Jahr Kosteneinsparungen in zweistelliger Millionenhöhe.

Die Lufthansa reagierte gelassen auf die geplante Übernahme. "Wie standen bisher schon in einem harten Wettbewerb in Europa und haben uns da erfolgreich behauptet", sagte ein Sprecher am Donnerstag in Frankfurt.

Keine neuen Kapazitäten

Zudem bringe die Übernahme keine neuen Kapazitäten auf den Markt. Lufthansa sei in Europa mit Einstiegs-Tarifen ab 99 Euro und der Beteiligung am Billigflieger Germanwings gut aufgestellt.

An der Börse wurde die Übernahme mit Euphorie aufgenommen. Die Air-Berlin-Aktie zog um zeitweise mehr als 9 Prozent an, während sich der Leitindex Dax nur knapp im Plus bewegte.

"Wir sehen hier eine sehr interessante und wertsteigernde Übernahme", sagte ein Analyst, der die Aktie unverändert zum Kauf empfiehlt. "Dies wir die Position der Air Berlin im Inlandsmarkt deutlich stärken." Die Marktkonsolidierung setze sich fort.

Lufthansa-Aktie leicht im Plus

Für die Lufthansa habe die Übernahme allerdings keine negativen Auswirkungen, meinte der Experte weiter. Die Titel der Kranich-Airline stiegen um 0,75 Prozent auf 14,85 Euro.

Am Parkett herrschten ebenfalls positive Stimmen vor. Der Kauf passe gut, es gebe eine Menge Synergieeffekte, sagte ein Händler. Positiv zu bewerten sei zudem, dass der Kauf aus Barmitteln erfolge und keine Kredite aufgenommen werden müssten. Air Berlin schaffe es mit dem Schritt, seinen Anteil am Markt auszubauen.

Ein Konkurrenz für die Lufthansa sei die Fluggesellschaft aber nicht. Dies sah ein anderer Börsianer anders: Mit dem Zukauf des Konkurrenten werde die Marktmacht gegenüber der Lufthansa gesteigert, sagte er. Zudem scheine der Preis, der im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich liegen soll, nicht zu hoch.

Chancen auf Einzug in den MDax

Die Air Berlin-Aktie wird am Markt als potenzieller MDax-Wert gesehen. Mit Blick auf die Marktkapitalisierung der Fluggesellschaft nach Streubesitz seien die Chancen gut für einen Einzug in den Index der mittleren Werte.

Problematisch seien allerdings die bisher eher geringen Börsenumsätze in der Aktie, sagen Index-Experten.

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