Analysten:Schlechter Rat

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Geliebte Aktien verlieren mehr. Sollte man deshalb das Gegenteil von dem beherzigen, was der Finanzberater empfiehlt?

Von Harald Freiberger

Wie können Aktionäre in turbulenten Zeiten wie diesen zu hohe Verluste vermeiden? Die Nachrichtenagentur Bloomberg hat da einen Tipp: "Fragen Sie Ihren Analysten, was sie kaufen und verkaufen sollen, und machen Sie dann das Gegenteil."

Zu diesem harschen Urteil kommen die Experten nach einer Studie, in der sie die jüngste Entwicklung der meist empfohlenen Aktien mit den unbeliebtesten verglichen. Die Werte, für die sich Aktienstrategen auf der ganzen Welt am häufigsten aussprachen, verloren demnach seit Anfang des Jahres elf Prozent. Die am wenigsten empfohlenen Papiere büßten dagegen nur 3,4 Prozent ein.

Wie kann das passieren? Börsenexperten machen vor allem einen Grund dafür aus: Die bei beliebtesten Unternehmen wurden in den vergangenen Wochen Opfer ihres eigenen Erfolgs. Sie waren zuvor weit überdurchschnittlich gestiegen, nämlich um 42 Prozent binnen zwei Jahren. Als Anfang Januar die Kurse, ausgehend von China, weltweit einbrachen, versuchten professionelle Anleger wie Investmentfonds den Schaden zu begrenzen. Und das geht am besten, wenn sie über längere Zeit aufgelaufene Gewinne realisieren, indem sie die Aktien verkaufen. "In diesem Jahr müssen wahrscheinlich besonders Staatsfonds und Mischfonds Verluste begrenzen, deshalb sehen sich erfolgreiche Aktien Verkaufsdruck ausgesetzt", sagte eine Vermögensverwalterin der französischen Großbank BNP Paribas.

Ein Beispiel für eine besonders beliebte und zugleich besonders verprügelte Aktie ist Midea, Chinas größter Hersteller von Elektrogeräten. Sie steht bei allen Analysten aus der Branche auf der Empfehlungsliste, fiel seit Anfang Januar aber um 18 Prozent. Ein anderes Beispiel ist Activison Blizzard, ein US-Entwickler von Videospielen, der ebenfalls 18 Prozent verlor. Die Aktie des Internet-Versandhändlers Amazon, die häufig in den Empfehlungslisten von Hedge-Fonds auftaucht, büßte seit Jahresanfang 18 Prozent ein, nachdem sie sich 2015 verdoppelt hatte. Wenn es an der Börse drunter und drüber geht, sind die Tipps von Analysten offenbar nicht viel wert.

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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