Amerikanische Geldpolitik:Die Fed will verstanden werden

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In der Ära Greenspan hat sich die amerikanische Notenbank stets bedeckt gegeben. Greenspans Nachfolger Bernanke verspricht nun mehr Transparenz.

Nikolaus Piper

Mehr als 18 Jahre lang legte es Alan Greenspan darauf an, nicht verstanden zu werden. Als Präsident der amerikanischen Notenbank Federal Reserve wurde Greenspan berühmt für seine verschwurbelten Sätze, aus denen jeder herauslesen konnte, was er gerade wollte. Sie brachten ihm den Spitznamen "Sphinx" ein.

Sein Nachfolger Ben Bernanke dagegen bemüht sich seit seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr um mehr Transparenz und Verständlichkeit.

Jetzt ist er dabei einen großen Schritt weitergegangen: Er kündigte in Washington eine komplett neue Kommunikationsstrategie an. Künftig wird die Fed häufiger und präziser sagen, was sie will. Die Akteure an den Finanzmärkten sollen einen genauen Einblick in das Denken der Notenbanker bekommen und so vor Überraschungen gefeit sein.

Künftig wird die Fed viermal statt bisher zweimal im Jahr einen Wirtschaftsausblick veröffentlichen. Wie bisher wird der Ausblick Projektionen für Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit und Inflation enthalten. Nun sollen auch noch Aussagen zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Risiken der Prognose hinzukommen.

Der erste erweiterte Ausblick wird bereits am kommenden Dienstag veröffentlicht werden. "Die Veränderungen werden einen zeitnäheren Einblick in die Prognosen der Fed geben", sagte Bernanke während einer Rede beim Cato-Institut in Washington.

Weltweiter Wandel der Geldpolitik

"Dadurch können Haushalte und Unternehmen besser verstehen, wie neue Informationen unsere Entscheidungen beeinflussen. So wird die Berechenbarkeit der Politik verbessert."

Die veränderte Kommunikationsstrategie der Fed ist Teil eines grundsätzlichen Wandels der Geldpolitik rund um den Globus. Die Zentralbanken haben den Versuch aufgegeben, über die Steuerung der Geldmenge für Stabilität zu sorgen.

Stattdessen streben sie klare Vorgaben für die Inflationsrate an. Bernanke war schon vor seinem Amtsantritt Anhänger eines eindeutigen Inflationsziels.

Dies wird die Fed nun zwar nicht veröffentlichen, dafür aber sehr detaillierte Projektionen für die Veränderung der Verbraucherpreise und für die sogenannte Kerninflation, eine wichtige Messgröße, bei der die stark schwankenden Preise für Lebensmittel und Energie ausgeschlossen werden.

Die Projektionen sollen durch umfangreiche Erläuterungen ergänzt werden. Der Prognosezeitraum erhöht sich von zwei auf drei Jahre.

Keine Aussagen machte Bernanke zur künftigen Zinspolitik. Ende Oktober hatte die Fed den Leitzins um einen Viertelpunkt auf 4,50 Prozent gesenkt. Viele Händler an der Wall Street setzen wegen der anhaltenden Kreditkrise auf eine weitere Senkung.

Die letzte Erklärung der Fed zu diesem Thema lässt aber eher den Schluss zu, dass die Zinsen sich in diesem Jahr nicht mehr verändern werden.

© SZ vom 15.11.2001 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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