Alternativen:Unübersichtlicher Markt

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Die Anbieter verabschieden sich wegen der Niedrigzinsen von den Garantiepolicen und bieten neue Produkte an - Beratung wird wichtiger.

Von Patrick Hagen, Köln

Die klassische Lebensversicherung entwickelt sich vom Kassenschlager zum Auslaufmodell. Gerade hat sich mit der Wüstenrot & Württembergischen ein weiterer Anbieter von den Policen verabschiedet, die einmal eine der beliebtesten Formen der Geldanlage in Deutschland waren. Die Niedrigzinsen machen dem alten Geschäftsmodell der Lebensversicherer schwer zu schaffen. Die Branche reagiert darauf, indem sie andere Produkte unter dem Etikett Lebensversicherung verkauft - einerseits Fondspolicen, andererseits neuartige Angebote mit geringeren Garantien und Elementen der Klassik-Policen.

Einer der Vorreiter ist die Allianz mit Verträgen unter der Marke "Perspektive". Aber mittlerweile haben mehr als 20 Anbieter ähnliche Policen im Angebot, für die sich der Begriff Neue Klassik eingebürgert hat. Allerdings unterscheiden sie sich stark voneinander, das macht Vergleiche schwer. "Es gibt kein einheitliches Garantieniveau mehr", sagt Lebensversicherungsexperte Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata.

Eine Gemeinsamkeit: Die Verträge bieten weniger Garantien als die klassischen Policen, aber immer noch eine garantierte Mindestrente. Die Anbieter werben mit höheren Renditeaussichten wegen der reduzierten Garantien. Deutlich mehr Ertrag sollten Kunden aber nicht erwarten, so Experte Heermann. "Die Verträge enthalten immer noch so viele Garantien, dass Kunden für die nächsten Jahre nicht allzu viel Überschussbeteiligung erwarten können."

"Es gibt unterschiedliche neue Konzepte, die im Wesentlichen nur unterschiedlich schlecht sind."

Die großen Unterschiede zwischen den Produkten können zum Vorteil für den Kunden werden, glaubt Heermann. "Der Kunde hat mehr Wahlfreiheit, und die Verträge sind auch flexibler geworden, das ist erst einmal positiv." Das heißt aber auch, dass die Beratung wichtiger wird. Harscher fällt das Urteil des Finanzexperten Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg aus. "Es gibt unterschiedliche neue Konzepte, die im Wesentlichen nur unterschiedlich schlecht sind", sagt er.

Den Kunden, die mehr Rendite wollen, kommen die Versicherer scheinbar mit den ebenfalls im Trend liegenden Indexpolicen entgegen. Hier partizipiert der Kunde von der Entwicklung eines zugrunde liegenden Index, etwa des Dax oder des EuroStoxx 50. Viele Kunden wissen dabei aber nicht, dass ihr Geld nicht direkt an den Kapitalmarkt fließt.

Stattdessen sind die Policen sehr ähnlich konstruiert wie die klassische Lebensversicherung. Nur die Überschüsse, die der Versicherer mit seinen Kapitalanlagen erwirtschaftet, fließen in Indexbeteiligungen. Die Verträge enthalten immer noch relativ hohe Garantien, das mindert die Renditeaussichten. "Wenn die Policen mit dem Versprechen verbunden sind, dass die Kunden keine Verluste machen können, sind nicht ansatzweise ähnliche Renditen wie beim Aktienmarkt zu erwarten", sagt Verbraucherschützer Nauhauser.

Ob die neuen Verträge krisenfest sein werden, sollte die Niedrigzinsphase noch sehr viel länger anhalten, steht nach Ansicht von Assekurata-Experte Heermann bislang nicht fest. "Indexpolicen und die Neue Klassik funktionieren nur, solange es noch eine einigermaßen hohe Überschussbeteiligung gibt", sagt er. "Sonst werden sich die Produkte denselben Herausforderungen gegenübersehen wie die klassischen Verträge, nur zeitlich etwas nach hinten versetzt."

© SZ vom 26.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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