Airbus-Krise:Finanzbehörde wirft EADS-Spitze Insiderhandel vor

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Verdacht auf massive Insiderdelikte bei EADS: Manager und Aktionäre sollen kurz vor der Bekanntgabe von Problemen bei der Konzerntochter Airbus EADS-Aktien verkauft haben. Der französischen Staatsanwaltschaft liegt nun ein Bericht der Börsenaufsicht vor.

Der Verdacht auf massive Insiderdelikte an der Spitze des Airbus Mutterkonzerns EADS erhärtet sich. Die französische Staatsanwaltschaft bestätigte am Mittwoch, von der Börsenaufsicht einen Bericht über Insider-Handel bei EADS erhalten zu haben. Kreisen zufolge soll dieser bereits an die zuständige Untersuchungsrichterin weitergeleitet worden sein.

Im Visier der Staatsanwaltschaft: EADS-Manager und -Aktionäre sollen Insiderhandel betrieben haben. (Foto: Foto: ddp)

Die Aufsichtsbehörde AMF erklärte unabhängig davon, die Unterlagen übergeben zu haben. Zum Inhalt wollte sie sich nicht äußern. Die Untersuchung bei dem Luft- und Raumfahrtkonzern solle Anfang kommenden Jahres abgeschlossen werden, hieß es lediglich. Die Zeitung Le Figaro hatte zuvor berichtet, AMF habe von "massivem Insiderhandel" gesprochen.

Staatsanwaltschaft ermittelt seit November

In dem Artikel hieß es, ranghohe Manager und Aktionäre hätten zwischen November 2005 und März 2006 EADS-Aktien verkauft, kurz bevor der Konzern Produktionsschwierigkeiten bei seiner Tochter Airbus bekanntgab und damit einen Kurssturz auslöste. Die Pariser Staatsanwaltschaft ermittelt bereits seit vergangenem November gegen Unbekannt.

Nach Ansicht der Finanzbehörde waren sowohl die beiden Großaktionäre Lagardère und DaimlerChrysler als auch das französische Staat eingeweiht gewesen. Demnach gehören die damaligen EADS-Chefs Thomas Enders und Noël Forgeard sowie Manfred Bischoff von DaimlerChrysler und Arnaud Lagardère von der Lagardère-Gruppe zu den Hauptbeschuldigten.

Bereits im Juni 2005 sei der Verwaltungsrat über Probleme bei den Langstrecken- bzw. Großraum-Maschinen vom Typ A350 und A380 informiert gewesen, heißt es in dem Bericht unter Berufung auf die Ermittler. EADS-Finanzdirektor Hans Peter Ring habe damals betont, dass die erhöhten Kosten für Forschung und Entwicklung zu einem Kursverlust von vier bis fünf Euro pro Aktie führen könnten, wenn sie bekannt würden.

Im Dezember 2005 sei der französische Finanzminister Thierry Breton informiert worden, dass schlechte Zeiten bevorstünden und es für den französischen Staat (der 15 Prozent der Aktien hielt), angebracht sei, sich von einem Teil seiner Aktien zu trennen. Die EADS-Aktie hatte zwischen Anfang April und dem 19. Juni, als die Lieferverzögerungen bekannt gemacht wurden, über 46 Prozent an Wert verloren.

Gewerkschaften sind empört

Die französische Regierung erklärte am Mittwoch, sich auch nach dem Bericht über Insider-Handel nicht von ihren EADS-Anteilen trennen zu wollen. "Der Staat hat seit Gründung der Firma im Jahr 2000 noch nie EADS-Aktien verkauft und hat auch keinerlei Absicht, dies zu tun", sagte ein Sprecher der französischen Regierung am Mittwoch.

Gewerkschaftsvertreter in Frankreich zeigten sich empört über die Berichte. Sollte es zutreffen, dass im Jahr 2006 Aktien mit Wissen um die Probleme beim Riesen-Airbus A380 verkauft wurden, sei dies "skandalös", sagte der Generalsekretär der Gewerkschaft Force Ouvrière, Jean-Claude Mailly. Die Probleme mit diesem Flugzeug-Typ seien der Grund für den Sparplan, der die Streichung von 10.000 Stellen vorsieht.

Xavier Petrachi, der für die Gewerkschaft CGT im Betriebsrat bei Airbus in Toulouse ist, sagte, die Beschäftigten seien "wütend, weil das Management persönlichen Profit vor die Interessen des Unternehmens gestellt hat". Auch das Vertrauen in den deutschen Airbus-Chef Thomas Enders sei erschüttert.

EADS-Chef Louis Gallois verwies am Mittwoch darauf, dass es sich um einen vorläufigen Bericht handle, und lehnte jede weitere Stellungnahme ab. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gerieten die Aktien des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns sowie der Großaktionäre Lagardère und DaimlerChrysler unter Druck. An der Pariser Börse verlor das Papier der Airbus-Mutter EADS am Mittwoch zum Handelsauftakt 0,64 Prozent auf 21,74 Euro; der Lagardère-Anteil fiel um 4,05 Prozent auf 59,30 Euro. DaimlerChrysler verbuchte in Frankfurt ein Minus von 0,8 Prozent auf 72,18 Euro.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/AFP/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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