Abkommen unterzeichnet:Gas für den Westen

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Die Ukraine hat das Abkommen über den Einsatz von Beobachtern zur Überprüfung der russischen Gaslieferungen unterzeichnet. Russland will den Gashahn aufdrehen - und die Slowakei nimmt ein Atomkraftwerk wieder in Betrieb.

Im eskalierten Gasstreit hat nach Russland auch die Ukraine einem Abkommen mit der EU über die zukünftige Kontrolle der Transitlieferungen in Richtung Westen zugestimmt. Wenige Stunden nach der russischen Regierung unterzeichnete am frühen Sonntagmorgen in Kiew auch die Ukraine eine Vereinbarung über die Transitkontrolle, wie die Agentur Interfax mitteilte.

Alles geklärt: Tschechiens Regierungschef Mirek Topolanek mit seiner ukrainischen Amtskollegin Julia Timoschenko. (Foto: Foto: Reuters)

Die Ukraine habe alle Bedingungen erfüllt, damit Russland seine am Mittwoch vollständig unterbrochenen Lieferungen wieder aufnehmen könne. Das sagte der amtierende EU-Ratspräsident, Tschechiens Regierungschef Mirek Topolanek, nach Verhandlungen mit seiner ukrainischen Amtskollegin Julia Timoschenko.

"Das Gas dürfte wieder fließen, wenn alle Beobachter auf ihren Plätzen sind. Das müsste im Verlauf der nächsten 36 Stunden der Fall sein", sagte Topolanek in Kiew gegen Mitternacht (MEZ). Die genannte Frist endet Montagmittag. Nach Schätzungen der Brüsseler EU-Kommission benötigt das Gas aus Russland gut drei Tage, um bei den europäischen Verbrauchern anzukommen.

Die ukrainische Regierung betonte in der Nacht aber auch, es seien einige "technische Fragen" mit Russland zu klären. So hatte die Ukraine zuvor kritisiert, die Kontrolle ihrer Gasspeicher durch russische Vertreter gefährde die Energie-Souveränität des Landes.

Lange währender Streit

Russlands Regierungschef Wladimir Putin hatte bei Verhandlungen mit der EU-Delegation um Topolanek am Samstag als Bedingung für die Wiederaufnahme der Transitlieferungen durch die Ukraine genannt, dass die internationalen Kontrolleure entlang der Trasse vollständig einsatzbereit sein müssten. Die Kontrollmission könne erst offiziell beginnen, wenn die internationalen Experten die Abzweigungen der Gaspipeline an allen Grenzen der Ukraine zu den EU-Staaten überprüften, teilte Putin mit. Auch in Russland selbst soll kontrolliert werden. In beiden Ländern trafen bereits erste Gas-Experten aus der EU ein.

Russland wirft der Ukraine seit langem vor, für die EU bestimmtes Gas aus den Leitungen zu entwenden, was Kiew bestreitet. Seit einigen Tagen versorgt Gazprom den Westen verstärkt über die nördliche Route durch Weißrussland und Polen nach Deutschland.

Der staatliche russische Energieversorger Gazprom hatte noch am Samstagabend "als Geste des guten Willens" die Einleitung einer "minimalen Menge" von Gas in die Versorgungsleitung durch die Ukraine angekündigt. Das Gas soll nach Gazprom-Angaben helfen, die Energie-Krise in der besonders betroffenen Balkan-Region zu entschärfen. Wenn die Ukraine das Gas nicht wie in der Vergangenheit "stehle", könne das Volumen deutlich gesteigert werden, sagte Gazprom-Chef Alexej Miller bei einem Treffen mit europäischen Energieversorgern in Moskau.

Auslöser für die in der Geschichte der russischen Gasexporte bislang einmaligen Blockade ist der Streit um Gaspreise und Transitgebühren. Der staatliche ukrainische Energieversorger Naftogas teilte in Kiew mit, dreitägige Verhandlungen mit Gazprom über die Gaspreise seien ohne Ergebnis geblieben. Russland verlangt vom finanziell angeschlagenen Nachbarn ähnlich hohe Preise wie von den EU-Staaten.

Zugleich gab es offenbar keinen Fortschritt bei den Verhandlungen über die Gaslieferungen an die Ukraine. "Dreitägige Verhandlungen haben zu nichts geführt", sagte der Chef der ukrainischen Gasgesellschaft Naftogaz, Oleg Dubina, am Samstag.

Slowakei startet Atomkraftwerk

Angesichts des Gasstreits zwischen Russland und der Ukraine beschloss die Slowakei, trotz eines EU-Verbots ein umstrittenes Atomkraftwerk teilweise wieder in Betrieb zu nehmen. Der erst am 31. Dezember stillgelegte zweite Reaktor des Atomkraftwerks in Jaslovske Bohunice solle wieder angefahren werden, teilte Ministerpräsident Robert Fico nach einer Sondersitzung des Kabinetts in Bratislava mit.

Die Entscheidung sei "im Interesse der Slowakei, ihrer Industrie und ihrer Bürger" getroffen worden, sagte Fico. Ziel sei es, den Reaktor "so bald wie möglich" wieder in Betrieb zu nehmen. "Wir wissen, dass dies ein Verstoß gegen die Bedingungen für unsere EU-Mitgliedschaft ist", sagte der Ministerpräsident. Aber angesichts der "Gefahr eines Blackouts" habe diese Entscheidung getroffen werden müssen. Der Streit zwischen Russland und der Ukraine hat zu einer mangelnden Gasversorgung in zahlreichen europäischen Ländern geführt.

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