Sonnenstrom aus Afrika:Projektname "Desertec"

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Deutsche Bank, Siemens, RWE: Die Liste der möglichen Teilnehmer am Solar-Projekt "Desertec" ist lang. Die ersten Konzerne signalisieren Bereitschaft. Nur einer stänkert: Solarworld-Chef Asbeck.

Eines der ehrgeizigsten Projekte zur Versorgung Deutschlands mit grüner Energie nimmt konkrete Formen an. In Afrika erzeugter Solarstrom soll nach Europa geleitet werden und dort Heizungen, Küchengeräte und Maschinen antreiben. Das energiepolitische Ziel ist hoch gesteckt.

Eines der ehrgeizigsten Solar-Projekte soll Sonnenstrom aus Afrika nach Europa bringen. (Foto: Foto: dpa)

Etwa 15 Prozent der europäischen Stromversorgung ließen sich beim geplanten Investitionsvolumen über Desertec decken, glaubt Torsten Jeworrek, Vorstand der Versicherungsgruppe Münchener Rück, die sich an die Spitze der Bewegung gestellt hat.

Bereits in Kürze soll die Initiative "Desertec" ins Leben gerufen werden. Die Münchener Rück hat für den 13. Juli zu einem Gründungstreffen nach München geladen. Das Projekt wäre eine der größten privaten Ökostrom-Initiativen aller Zeiten.

20 deutsche Firmen sollen sich an dem Megaprojekt beteiligen. Um welche Konzerne es sich handelt, darüber herrscht noch Schweigen. Im Gespräch sind allerdings Siemens, die Deutsche Bank, sowie die Energieanbieter Eon und RWE.

Aus Frankfurt kommen bereits vorsichtig zustimmende Signale. Grundsätzlich werde sich die Deutsche Bank an einem Kraftwerksbau zur Gewinnung von Solarstrom aus Afrika beteiligen.

"Es ist ein sehr interessantes Projekt, aber es gibt noch keinen konkreten Vertragsabschluss", sagte ein Sprecher des größten deutschen Geldinstituts.

Experten schätzen das Projektvolumen auf 400 Milliarden Euro. Davon würde der Bau der solarthermischen Kraftwerke etwa 350 Milliarden Euro verschlingen. Der Rest dürfte in den Bau neuer Gleichstrom-Hochspannungsnetze fließen, die den Strom nach Europa leiten würden.

Pläne des Club of Rome

Die Deutsche Bank könnte einen Solarkraftwerksbau in einer solchen Größenordnung nicht selbst finanzieren. Sie müsste sich andere Institute suchen, die gemeinsam mit ihr Kredite zur Verfügung stellten oder ihr diese abnehmen würden.

Auch Siemens zeigt sich offen für die Solar-Pläne. "Ja, wir sind in Gesprächen mit der Münchner Rück und anderen Industrieunternehmen wie RWE oder Eon", sagte ein Siemens-Sprecher. "Es geht dabei um die Gründung einer Industrieinitiative, die das Thema 'Wüstenstrom für Europa' weiter voranbringen soll."

Siemens verfügt allerdings nicht über die komplette Technik, um ganze solarthermische Kraftwerke zu bauen. Trotzdem ist der Konzern Feuer und Flamme für das Desertec-Projekt, das auf Pläne des Club of Rome, einer Initiative von Wissenschaftlern und Politikern, sowie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zurückgeht.

"Desertec ist aus unserer Sicht ein visionäres und sehr spannendes Projekt. Eine Fläche von 300 mal 300 Kilometer mit Parabolspiegeln in der Sahara würde ausreichen, um den gesamten Energiebedarf der Erde zu decken."

Siemens liefert bislang lediglich Dampfturbinen für solche Anlagen und hat sich jüngst an der kleinen italienischen Kraftwerkstechnikfirma Archimede beteiligt. Im Bau von Stromübertragungsnetzen gehört der Konzern allerdings zu den größten der Welt.

Interesse bei RWE

Auch RWE signalisiert Bereitschaft, sich an dem Vorhaben zu beteiligen. "Das ist ein interessantes Projekt", sagte ein Konzernsprecher. Darüber hinaus wollte er sich aber nicht äußern.

Vor zu großer Euphorie warnte unterdessen ein Konzern, der sein Geld mit Solaranlagen verdient. Deutschlands größte Solarfirma Solarworld sieht die milliardenschweren Pläne mehrerer Großkonzerne für Sonnenstrom aus Afrika skeptisch. "Baut man die Solarkraftwerke in politisch instabilen Ländern, bringt man sich in die gleiche Abhängigkeit wie beim Öl", sagte Solarworld-Chef Frank Asbeck. Zudem gebe es noch keine Stromnetze, die diese Strommengen transportieren könnten. Grundsätzlich sei es aber richtig, Solarstrom dort zu produzieren, wo es am günstigsten sei.

Trotz dieser Bedenken wollen die beteiligten Konzerne das Projekt mit aller Kraft vorantreiben. Die Münchener Rück hat zu dem Gründungstreffen zahlreiche Konzerne aus dem In- und Ausland eingeladen - primär aus der Solar- und Energiewirtschaft sowie dem Technologie- und Finanzbereich. Auch Politiker aus Berlin und Brüssel sowie Vertreter nordafrikanischer Staaten hätten ihr Kommen zugesagt, hieß es weiter. Innerhalb von drei Jahren sollen konkrete Umsetzungspläne erarbeitet werden.

Damit will das Konsortium den Kampf gegen den Klimawandel vorantreiben und sich an die Spitze der grünen Technologie weltweit stellen. Schon lange setzen Wissenschaftler große Hoffnungen auf die Gewinnung von Solarstrom in Wüsten. Das Milliardenprojekt Desertec soll nun beweisen, dass sich Strom auf diese Weise auch wirtschaftlich produzieren lässt.

"Viele positive Signale"

Auch Bundesministerien und der Club of Rome sollen bei der Gründung mit am Tisch sitzen. Dieser Zusammenschluss führender Wissenschaftler, Politiker und Manager verfolgt die Idee afrikanischen Solarstroms schon seit Jahren. Bislang aber ließ sich kein Großprojekt in Afrika realisieren. Mittelfristig sollen auch europäische und nordafrikanische Partner für das ehrgeizige Projekt gewonnen werden. "Bei Italien und Spanien sind wir sehr optimistisch, auch aus Nordafrika bekommen wir viele positive Signale", sagte Münchner-Rück-Vorstand Jeworrek. Skeptisch sehe man eine mögliche Beteiligung Frankreichs. "Die Franzosen setzen noch immer stark auf Atomenergie."

Mit dem Milliardenprojekt wollen die Unterzeichner das ungeheure Energiepotential in den Wüsten südlich des Mittelmeeres erschließen. Denkbar seien Solarkraftwerke an mehreren Standorten in Nordafrika, erklärt Jeworrek. Wichtigstes Kriterium: die Anlagen müssen in politisch stabilen Ländern stehen. Die Energiewende sei keine ferne Vision mehr, heißt es aus dem Konsortium. "Technisch ist das Projekt realisierbar", sagt Jeworrek. In der kalifornischen Mojave-Wüste und in Spanien gibt es erste Anlagen. Über Spiegel bündeln die Kraftwerke Sonnenlicht, erhitzen Spezialöl und wandeln dessen Wärme in Wasserdampf für den Antrieb von Turbinen um. Damit unterscheiden sie sich von Photovoltaik-Anlagen, die Strom direkt produzieren.

Die Konzerne, die auch um Kapital von außen werben wollen, hoffen trotz fehlender Praxis auf gut angelegtes Geld. Das Projekt soll sich langfristig selbst tragen. "Es braucht natürlich am Anfang eine gewisse Investitionssicherheit, zum Beispiel eine Abnahmegarantie zu einem bestimmten Preis." Der Strom dürfe aber nicht dauerhaft subventioniert werden. Wettbewerbsfähig werde Desertec ,"in zehn bis 15 Jahren" sein.

© sueddeutsche.de/dpa-AFX/Reuters/tob/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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