Indisches Kleidungsstück Dhoti:Wickelröcke müssen draußen bleiben

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Zwei Männer in traditionellen Dhotis in Delhi. (Foto: Wen-Yan King / CC-by-sa-2.0)

Drei Männer im traditionellen Dhoti blitzen an der Tür eines noblen Cricket-Clubs ab. Jetzt diskutiert Indien über den Wickelrock, den besonders hinduistische Männer gerne tragen. Der Fall bewegt auch die Politik.

Von Tobias Matern, München

Es ist ein Kampf um die Kleidung entbrannt in Chennai, der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Tamil Nadu. Ausgang ungewiss. Kürzlich hat ein Cricket-Club, Treffpunkt für die Betuchten und Wichtigen, entschieden, drei Mitgliedern den Zutritt zu einer Veranstaltung zu verweigern. Begründung: Sie verstießen mit ihrer Abendgarderobe gegen den Dresscode.

Die Männer, ein Richter und zwei Anwälte, trugen jeweils einen Dhoti, das traditionelle indische Beinkleid für Männer. Der Wickelrock erfreut sich vor allem bei Hindus nach wie vor großer Beliebtheit, die junge, urbane Mittelschicht trägt inzwischen hingegen lieber Jeans und T-Shirt. Auch der neue Ministerpräsident Narendra Modi trägt häufig einen Dhoti.

Viele der distinguierten Clubs in Indien haben ihren Ursprung aus der Besatzungszeit; die Briten stellten auch Kleidungsregeln auf, die Hosen und Hemden mit Kragen verlangen. Der Erregungszustand in der indischen Presse erreicht denn auch beträchtliche Ausmaße. Von "Bekleidungs-Willkür" ist da die Rede, ein früherer UN-Vizegeneralsekretär aus Indien veröffentlicht einen bedeutungsschweren, ausführlichen Meinungstext ("Was haben Clubs gegen Dhotis?"). Und die amtierende Regierungschefin von Tamil Nadu droht damit, Clubs die Lizenz zu entziehen, die solche Bekleidungsvorschriften hochhalten.

Der besagte Cricket-Club selbst gibt sich trotz der Aufregung einigermaßen gelassen. Bei der nächsten Jahreshauptversammlung soll das Thema Dresscode auf die Tagesordnung, heißt es. Ausgiebig äußern will man sich hier lieber nicht, zumindest nicht offiziell. Das verbietet schon die Etikette, mit der sich ein solcher Club schmücken will.

Doch unter der Hand brach ein Angestellter dann doch das Schweigen: Dem Nachrichtensender NDTV sagte die Quelle, dass man mit dem Dhoti-Verbot die Gäste schützen wolle. Es gelte, "Funktionsstörungen der Kleidung zuvorzukommen", erklärte der Angestellte etwas verquast. Schließlich rutsche so ein Dhoti auch mal herunter - vor allem wenn die Gäste einen über den Durst getrunken haben. So etwas könne aber kein Club-Verantwortlicher laut sagen.

© SZ vom 21.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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