Geldbeutel für Männer:Eine Typologie des Herren-Portemonnaies

Edel, lässig oder mit dem Logo des Lieblingsfußballvereins: Für jeden Mann gibt es das passende Portemonnaie. Eine Typologie.

Von Max Scharnigg

Geldbeutel für Männer

Der Gentleman

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(Foto: N/A)

Edel, lässig oder mit dem Logo des Lieblingsfußballvereins: Für jeden Mann gibt es das passende Portemonnaie. Eine Typologie. So hält es der Gentleman: Kleingeld wird lose klimpernd in der Hosentasche getragen. Zigaretten, Zeitung und Liftboy werden damit beglichen. Club, Stammrestaurant und Schneider schicken ihre Rechnung am Monatsende mit der Post. Für alles Weitere reichen drei Karten im vornehmen Etui. Das trägt in der Brusttasche des Jacketts auch nebst Reisepass nicht auf, ist immer gut geordnet und reicht dem Vielreisenden auch mal als Handgepäck. Welche Karten kommen rein? Amex Platinum (Centurion ist zu protzig), die Mitgliedskarte der Royal Horticultural Society (o.ä.) und ein Pfadfinderausweis, im Dienste lässiger Exzentrik. Und natürlich muss das Etui dezent abgewetzt sein - am besten schon zweimal vererbt. (Kartenetui von Hermès)

Geldbeutel für Männer

Der Bayern-Beutel

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(Foto: FCB)

In der Frühphase des Mannseins, die bei manchen bis weit in die 40er reicht, fällt die Entscheidung für das schlicht-schwarze Klappmodell noch nicht leicht. Verständlich, man kauft sich mit 20 ja auch selten einen VW Passat. Die Übergangsbeutel zwischen Junge und Mann sind deswegen meistens sportliche oder zumindest unkonventionell gestaltete Portemonnaies, die eigentlich eher für den Umgang mit Taschengeld als für ernsthafte Finanztransfers ausgelegt sind. Im Schwimmbeutel für den Freibadbesuch haben diese Teile ihr natürliches Umfeld. Spätestens wenn man aber beim Bezahlen des Verlobungsdinners laut den Klettverschluss des Münzfachs aufratscht, besteht dringend Handlungsbedarf. (Geldbeutel von shop.fcbayern.de)

Geldbeutel für Männer

Der Statussymbolische

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(Foto: LOEWS)

Den Geldbehälter selbst zum Statussymbol zu machen, ist eigentlich etwas irrig. Man hat es, natürlich, aber das beweist man doch besser mit dem Wie als mit dem Wo. Andererseits - die eingeschränkten Möglichkeiten der Männer, was Accessoires angeht, verleiten labile Naturen eben dazu, bei Uhr, Sonnenbrille und Geldbeutel besonders zu protzen, wobei die Uhr dafür am besten geeignet ist. Ein Kroko- oder Kroko-Print-Geldbeutel lässt den aufmerksamen Betrachter dagegen unwillkürlich ans Pfandleihhaus denken. Außerdem möchte man dem Besitzer einen Hang zur Sparsamkeit unterstellen. Wer so viel Wert auf exotische Verpackung des Banalen legt, gibt sicher nicht gerne was aus. (Portemonnaie von Bottega Veneta)

Geldbeutel für Männer

Der BWL-Abenteurer

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(Foto: Stefanie Wirnshofer Public Relat)

Wenn in deutschen Fernsehfilmen unseriöse Großverdiener kenntlich gemacht werden sollen, dann fummeln sie gerne mit einer Geldklammer rum. Hoffnungsvolle BWL-Studenten wünschen sich derlei folgerichtig zu Weihnachten. Das Ding erreicht also mühelos die Sympathiewerte von klobigen Siegelringen und gekauften Adelstiteln, ist aber eigentlich eine gute Idee. Nur nicht für jeden. Wer Karten und Münzgeld verachtet, aber gelegentlich Dollar-Trinkgeld geben oder Autos beim Fähnchenhändler verscherbeln muss, hält damit Ordnung in der Hosentasche. Auf Expeditionen durch Länder mit galoppierender Inflation ist die Geldklammer praxistauglich und kann in Notfällen auch zweckentfremdet werden, zum Beispiel um Verbände zu fixieren oder Eichhörnchen damit abzuschießen. (Geldklammer von Tiffany)

Geldbeutel für Männer

Der Normalo

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(Foto: THINK INC.)

Beim kleinen Schwarzen endet für die meisten Männer die Geldbeutel-Evolution, weil hier auch ihre Vorstellungskraft endet: Was sollte ein Portemonnaie für einen Mann denn mehr tun können als Stauraum bieten und wenig kosten? So ist der Geldbeutel chronisch mit Restaurantquittungen und armlangen Ikea-Kassenzetteln verstopft. Ein komplett zersessenes Foto vom ersten Kind ist ebenfalls obligatorisch. Der Inhalt der vielen Kartenfächer vermehrt sich auf ähnlich wundersame Weise wie die Schlüssel am Schlüsselbund, so lange, bis der Geldbeutel auf Hackbratengröße geschwollen ist. Wenn er dann endlich auseinanderfällt, muss ein neuer her, und zwar am besten genau der Gleiche. Aber egal, wie sehr der Nachfolger dem ausgedienten Modell ähnelt: Der Mann fremdelt erst mal. Solange, bis der Neue sich der rechten Gesäßseite des Mannes endlich angepasst hat.

© SZW vom 15.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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