Designer:Lass dich drucken!

Schluss mit Papierstau und Büro-Optik: Der Designer Ludwig Rensch hat den Drucker neu erdacht.

Interview Von Max Scharnigg

SZ: Ihr Drucker ist in den vergangenen Wochen oft im Netz aufgetaucht und wurde begeistert kommentiert. Ein ziemlich gelungenes Debüt, oder?

Ludwig Rensch: Ja, ich hatte die Bilder nur an zwei Blogger geschickt, daraus entstand schnell ein Schneeballeffekt, der mich wirklich überrascht hat. Aber offenbar hat dieses Produkt eben auch einen Nerv getroffen.

Weil es nicht langweilig aussieht wie alle anderen Drucker?

Nicht nur das. Ich glaube, wenn die Menschen diese Fotos von einem ganz anderen Drucker sehen, erinnern sie sich gleich daran, wie sehr sie normale Drucker nicht mögen. Es ist nun mal ein Gerät, das oft nervt, das immer ans Büro erinnert und nie Freude macht. Deswegen wollte ich es von Grund auf neu denken und betont frustfrei konzipieren.

Unterscheidet sich der Drucker in seinem Nervpotenzial denn so sehr von anderen Bürogeräten?

In ihm bündelt sich vieles, was mit der Digitalisierung unserer Produkte einhergeht. Der Drucker soll immer mehr können, die Hersteller stopfen immer noch mehr Funktionen hinein, die man meistens nicht braucht und die niemand richtig beherrscht. Er muss jetzt auch ein eigenes Display haben, noch mal ein eigenes Menü, das ich bedienen soll, und meistens macht er trotzdem nicht das, was ich mir wünsche. Er findet das Wlan nicht, produziert Papierstau oder die Farbe geht genau in dem Moment aus, in dem ich etwas Wichtiges drucken muss und so weiter. Es gibt da viele Unzufriedenheits-Faktoren und sie nehmen nicht ab, egal wie modern und teuer mein Gerät ist.

Haben Sie diese Schwachstellen bei Ihrem Gerät alle beseitigt?

Das ist noch kein funktionsfähiger Prototyp. Es ging mir zunächst darum, ihn freundlicher und seine ursprüngliche Funktion auch optisch einleuchtender und klarer zu machen. Ohne Display, mit haptischen Knöpfen, man sieht das Papier und welchen Weg es nimmt. Eigentlich wollte ich, dass er in seinem Charakter ein bisschen an ein einfaches Icon erinnert, wie sie zum Beispiel Apps haben.

Designer: Ein Gerät, das nicht nach Büro aussieht und sich auf seine Hauptaufgabe beschränkt: Das war die Vorgabe für das Modell "Paper".

Ein Gerät, das nicht nach Büro aussieht und sich auf seine Hauptaufgabe beschränkt: Das war die Vorgabe für das Modell "Paper".

(Foto: Ludwig Rensch)

Ach schade, dass er nicht funktioniert.

Das war nicht die Aufgabe, ich will mit dem Modell erst mal beweisen, dass die Menschen Bedarf an so einem ganz anders gestalteten Drucker haben. Jetzt ist klar, dass die Leute darauf positiv reagieren. Sicher gibt es noch ein paar Details, die in Wirklichkeit so nicht umsetzbar sind, aber grundsätzlich ist die Technik nicht das Problem. Mich interessierte von Anfang nur die Frage: Wie könnte das Gerät aussehen, wenn es gut wäre?

Es erinnert ein bisschen an eines der alten Olivetti-Bürogeräte.

Ja, die berühmte Valentine-Schreibmaschine von Olivetti war auch ein Vorbild und auch der erste iMac, diese bunte Kugel vom Ende der 90er-Jahre. Beide Entwürfe waren auf ihre Art ja Pioniere, weil sie es geschafft haben, ein Produkt das vorher nur nach Büroanwendung aussah, für den heimischen Bereich aufzubereiten und sozusagen menschlich nahbar zu machen.

Warum sehen denn alle Drucker heute so aus, wie sie aussehen?

Die Form wird bei der Handvoll Weltkonzerne, die unsere Geräte heute herstellen, einfach nicht sehr oft hinterfragt, die Produktion steht im Vordergrund. Wenn etwas moderner aussehen soll, kommt eben ein Touchpad drauf, bei Kühlschränken und Kochplatten ist das ja angeblich auch der Fortschritt. Sieht modern aus, ist es aber nicht wirklich. Kein Mensch hat je nach einem Display auf seinem Kühlschrank oder Autoschlüssel verlangt. Alles soll immer mehr können, statt dass mal wieder die eigentliche Funktion freigelegt oder verbessert wird. Mich interessieren seit meinem Studium Elektrogeräte der Zukunft, die aber eben nicht aussehen wie aus einer "Star Trek"-Kulisse, sondern simpel und universal verständlich sind.

Designer: Ludwig Rensch, 27, arbeitet bevorzugt an der Schnittstelle Mensch/Computer.

Ludwig Rensch, 27, arbeitet bevorzugt an der Schnittstelle Mensch/Computer.

(Foto: privat)

Ist es denn im Falle eines Druckers wirklich wichtig, dass er gut aussieht?

Ästhetik ergibt sich immer auch aus dem Gebrauch. Etwas Schönes, das nicht funktioniert, ist eher hässlich. Meist haben Sachen die einfach gut funktionieren und ewig halten eine eigene Schönheit.

In den letzten Jahren wird ja der ganze Haushalt offensiv designt. Ist das ein Fortschritt oder ein Overkill?

Also, alles ist ja immer schon gestaltet gewesen. Neu ist, dass es jetzt auch Autoren-Designerstücke gibt und ein Gerät wie etwa eine Kaffeemaschine nicht nur Nutzen hat, sondern eben auch noch schmückendes Objekt sein soll. Dabei stellt man natürlich fest, dass "schön" eine total subjektive Größe ist und eben auch eine Trendfrage. Gutes Design beginnt aber immer damit, ein Gerät zu hinterfragen: Warum diese Form? Warum diese Farbe? Welche Lösung finde ich für das gestellte Problem?

Was steht denn noch auf Ihrer Verbesserungs-Agenda?

Mich beschäftigen Geräte, die schon zu lange gleich aussehen, obwohl sich die Technik doch so schnell entwickelt. Diese Gestaltungsträgheit regt mich auf. Deshalb der Drucker und davor habe ich schon einen Video-Beamer entworfen. Als nächstes würde ich gerne über die Fernbedienung nachdenken. Man kauft einen Fernseher für 3000 Euro und bekommt dazu ein unförmiges Plastikding mit hundert Knöpfen, von denen man die meisten nicht braucht. Das ist doch seltsam!

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