Dem Geheimnis auf der Spur:Der seine Seele verkaufte

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Wie starb Robert Johnson? Waren dunkle Mächte im Spiel? Dem amerikanischen Blues-Musiker wird nachgesagt, er habe tatsächlich mit Satan im Bunde gestanden.

Von Nicolas Freund

Die Nachricht vom Tod Robert Johnsons war zuerst wenig mehr als ein Gerücht unter den schwarzen Musikern und Plantagenarbeitern des Mississippi-Deltas. In einer der Bars, wo er so oft gespielt hatte, soll der Gitarrist bei einem Faustkampf erschlagen worden sein. Andere behaupteten, der Musiker, der den Hit "Terraplane Blues" geschrieben hatte, sei auf seinen Wanderungen durch Amerikas Süden niedergestochen und ausgeraubt worden. Wieder andere wollten wissen, dass er von seiner Freundin im Streit erstochen wurde. Sicher ist nur, dass er einen Auftritt abbrach. Dann verliert sich seine Spur.

Am hartnäckigsten von allen hielten sich Gerüchte, dass beim Tod des jungen Blues-Musikers dunkle Mächte im Spiel gewesen sind. Von Höllenhunden war die Rede, die Johnson gejagt haben sollen und ihn in Greenwood, Mississippi, schließlich gestellt hätten. Das klang für Abergläubische einleuchtend, schließlich sang Johnson gerne den Song "Hellhound on My Trail" - "Ein Höllenhund auf meinen Fersen". Ein Reisegefährte Johnsons behauptete sogar, dieser habe sich im Todeskampf selbst in ein Höllentier verwandelt und sei bellend wie ein Hund und auf allen Vieren gestorben: die gerechte Strafe für einen, der mit dem Teufel im Bunde ist. Denn mit diesem, heißt es, schloss der junge Mann einst einen Pakt. Für überragende musikalische Fähigkeiten soll er ihm seine Seele überlassen haben. Danach schrieb er Lieder wie "Me and the Devil Blues" ("Ich und der Blues des Teufels").

Tatsächlich gilt Johnson heute als einer der größten Blues-Musiker aller Zeiten und schon seine Zeitgenossen beschrieben ihn als musikalisches Wunderkind - jedoch nicht von Anfang an. Geboren 1911, wuchs er in einer Patchworkfamilie in Memphis auf. Als Kind spielte Johnson die Mundharmonika, konnte aber mit den Tönen, die er einer Gitarre entlockte, "Menschen in den Wahnsinn treiben", wie es die Blues-Größe Son House formulierte. House war einer der Musiker, die Johnson erste Gitarrengriffe beibrachten.

Viele Blues-Musiker kokettierten mit dem Image des "Teufelsspielers"

In den frühen Dreißigerjahren begann Johnson, dann selbst als Gitarrist den amerikanischen Süden zu bereisen. Mit dem Zug oder zu Fuß wanderten diese Musiker von Stadt zu Stadt, spielten an Straßenecken oder in Bars. Reich wurde man nicht, aber von dem Trinkgeld konnte man leben. Und es gab genug Gelegenheiten, die Dollars gleich wieder in Whiskey und Frauen zu investieren.

Als Johnson einmal seine ersten Lehrmeister in Robinsonville bei Memphis wiedertraf, waren sie nach eigener Aussage überrascht, ihn mit einer Gitarre zu sehen. Denn der kleine Johnson war ihnen zwar als interessierter, aber eher dilettantischer Schüler im Gedächtnis geblieben. Was sich der junge Mann in kurzer Zeit als fahrender Gitarrenspieler offenbar selbst beigebracht hatte, ließ die kundigen Musiker sprachlos werden.

Schon zu diesem Zeitpunkt entstand das Gerücht, dieser mit einem Mal unverschämt gut spielende und auch noch gut aussehende junge Mann könne nur mit dem Teufel im Bunde sein. Anders sei es nicht zu erklären, dass ein Mann ohne Ausbildung solche Musik spielt und sogar selbst schreibt. Johnson war nicht der erste, dem solche dunklen Praktiken nachgesagt wurden. Viele Blues-Musiker kokettierten sogar mit dem Image des "Teufelsspielers", der an einer Wegkreuzung seine Seele dem Teufel vermacht hatte.

Die staunende Anerkennung durch seine früheren Lehrer gilt als der Startschuss für Johnsons Karriere. Er wurde schnell gefragter Alleinunterhalter für Samstagabende in den kleinen Bars am Wegrand. Er hatte, wie seine Mitreisenden bestätigten, alle Lieder im Repertoire, die sein Publikum hören wollte. Es reichte ihm, einmal einen Song im Radio zu hören, und er konnte ihn nachspielen. Dazu kamen seine Eigenkompositionen hervorragend an.

Bis heute ist nicht bekannt, wo er seine musikalischen Fähigkeiten erworben hatte

Jahrzehnte später beschreibt der Schriftsteller T. C. Boyle die Wirkung Johnsons auf sein Publikum in einer Kurzgeschichte: "Die Männer beobachten seine Finger, die Frauen sehen ihm in die Augen." Boyle hat Johnsons Ende als elegische Story geschrieben, wie einen Blues-Song in literarischer Form. Er spielt mit dem Hundemotiv und lässt Johnson dann qualvoll am Rattengift sterben, das ihm eine enttäuschte Geliebte ins Essen mischt.

Erst 1973 stöbert einer der unzähligen Biografen Johnsons dessen Sterbeurkunde auf. Als Sterbedatum ist der 16. August 1938 angegeben. Eine Todesursache fehlt, es waren jedoch Aussagen des Barbesitzers und eines Arztes aufgenommen worden, die als Ursache eine Gehirnblutung oder tatsächlich eine Vergiftung vermuteten. Es wurden keine weiteren Untersuchungen angestellt. Wo Robert Johnson beerdigt wurde, ist nicht bekannt.

Noch heute ist der Mythos um den im Alter von nur 27 Jahren verstorbenen Johnson untrennbar mit dem Aberglauben um den Teufelspakt verknüpft. Es ist ein trauriges Vorurteil, dass einem schwarzen Gitarristen überragende Fähigkeiten von vielen scheinbar nur zugetraut werden, wenn übernatürliche Kräfte im Spiel sind. Zwar ist bis heute tatsächlich weder bekannt, wo Johnson seine musikalischen Fähigkeiten erworben hatte, noch wie, wann und wo genau er ums Leben gekommen ist. Aber gejagt von Höllenhunden über staubige Wegkreuzungen blieb fast immer die einfachste Erklärung auf der Strecke, dass Robert Johnson ein überragendes musikalisches Genie war, das viel zu früh starb, weil er vermutlich aus Eifersucht ermordet wurde.

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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