Zweite Liga:Gegrätscht wie die Weltmeister

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Schön mit Köpfchen: Ingolstadts Marvin Matip (links) und der Düsseldorfer Rouwen Hennings (rechts) kämpfen um den Ball. (Foto: Jonas Güttler/dpa)

Fortuna Düsseldorf zeigt sich beim 3:0 gegen Ingolstadt erstligareif in Sachen Effektivität. Spielerisch aber eher nicht.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Manchmal sieht Aufstiegskampf sogar ein bisschen aus wie Abstiegskampf. Das liegt an den Nerven. Der Zweitliga-Tabellenführer Fortuna Düsseldorf hatte drei Spiele nacheinander verloren, bevor er am Sonntag gegen den FC Ingolstadt mal wieder gewinnen konnte. Der Sieg war härter und dreckiger erarbeitet, als es das Ergebnis von 3:0 (2:0) vermuten lässt, aber das stört in der NRW-Landeshauptstadt keinen. Düsseldorf begnügte sich mit 42 Prozent Ballbesitz, drei Standards waren zum Sieg erforderlich. "Wir haben gegrätscht wie die Weltmeister und unbändigen Willen gezeigt", schwärmte der Torschütze Niko Gießelmann hinterher. Der Aufstieg steht nun kurz bevor, während die Ingolstädter die letzte Chance verspielt haben, nach nur einem Jahr in der zweiten Liga schon wieder in die Bundesliga zurückzukehren. "Der Blick nach oben hat sich hiermit erledigt", sagte der Kapitän Marvin Matip enttäuscht.

"Wir sind eindrucksvoll zurückgekommen", freute sich hingegen der Düsseldorfer Trainer Friedhelm Funkel über das Ende der kurzen Niederlagenserie, die in Düsseldorf durchaus Zweifel am ersehnten Aufstieg hatte aufkommen lassen. "Wir haben die Standards sehr intensiv trainiert", verriet Funkel, aber darüber hinaus habe er mit den Spielern auch sehr viele Gespräche geführt. Funkel weiß, worauf es im Endspurt eines Aufstiegskampfs ankommt, er hat den Fortunen detailreich aus seinen Erfahrungen berichtet und ihnen damit Mut gemacht. Während nämlich die Fortuna als Klub zum sechsten Mal in die Bundesliga aufsteigen will, will Funkel dies zum sechsten Mal als Trainer.

Die Ambitionen scheinen sich gut zu ergänzen. Die Chancen stehen jetzt sehr gut, dass die Düsseldorfer fünf Jahre nach dem letztmaligen Abstieg in die Bundesliga zurückkehren, um ihre insgesamt 24. Saison in der höchsten Klasse zu absolvieren.

Seit im Jahr 2009 erstmals wieder die Relegation ausgespielt wurde, hat man immer mindestens 59 Punkte, aber auch schon mal bis zu 68 Punkte benötigt, um als Tabellenzweiter direkt in die Bundesliga aufzusteigen. In Anspruch genommen hat den Minimalwert vor drei Jahren Darmstadt 98, aber diesmal könnten deutlich weniger als 59 Punkte zum direkten Aufstieg genügen. Die Branche streitet nur noch darüber, was das bedeutet: ob diese ausgeglichenste zweite Liga der Neuzeit so stark oder doch eher so schwach ist. Allerdings ist diese Frage unbedeutend, wenn man berücksichtigt, dass der Spielplan an den finalen vier Spieltagen noch sämtliche drei Duelle der drei führenden Teams untereinander bereit hält. So treffen zum Abschluss des viertletzten Spieltags an diesem Montag Holstein Kiel und der 1. FC Nürnberg aufeinander, und die Düsseldorfer empfangen am vorletzten Spieltag noch Kiel, und am letzten Spieltag gastieren sie dann in Nürnberg. Viel dramatischer hätte man das nicht planen können.

Wenn alle Teams einigermaßen dicht beieinander liegen, dann gibt es clevererweise auch mehr Topspiele, und als Topspiel durfte man am Sonntag also durchaus auch die Partie Düsseldorf gegen Ingolstadt einstufen. Mit der Fortuna als bestem Heimteam der Liga und den Schanzern als zweitbestem Auswärtsteam (hinter Nürnberg) hatte die Partie zusätzlich eine würzige Note. Und nicht nur dadurch. Die Ingolstädter bestimmten nämlich das Spiel klar, ehe Mittelstürmer Rouwen Hennings die Düsseldorfer in der 7. Minute mit der allerersten Fortuna-Chance gleich in Führung schoss. Auch danach war der Tabellenführer kaum richtig um Ballbesitz bemüht und gelangte vor der Pause nur noch zwei weitere Male in den Ingolstädter Strafraum. Umso bemerkenswerter war es also, dass Gießelmann in der 39. Minute nach einem Eckball das 2:0 für die Düsseldorfer erzielte. In Sachen Effektivität war die Fortuna tatsächlich erstligareif. Spielerisch war sie es eher nicht.

Dieser Eindruck setzte sich in der zweiten Hälfte fort. In der 65. Minute erzielte Robin Bormuth das 3:0 und raubte den Ingolstädtern die letzte Hoffnung auf die Bundesliga-Rückkehr. "Wir haben wieder einmal die Standardsituationen nicht gut verteidigt", klagte Matip mit dem Hinweis, so etwas sei in der zweiten Liga eigentlich besonders wichtig. Auch Ingolstadts Trainer Stefan Leitl hatte in einem eigentlich ausgeglichenen Spiel in den Standards "am Ende den entscheidenden Unterschied" gesehen.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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