Zweite Liga:Der neue Schrothi und andere Hoffnungsträger

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Abschiedsgruß? Elias Kachunga steht beim SC Paderborn vor dem Absprung. (Foto: Oliver Krato/dpa)

Sie trainieren wieder, in fünf Wochen geht die Saison los - was hat sich getan bei den Zweitligaklubs? Ein Überblick von Paderborn bis Pauli.

Von Sebastian Fischer, München

Es machen übrigens auch in diesem Jahr wieder 18 Mannschaften mit, diese Erwähnung muss erlaubt sein vor dem Start der 41. Saison der zweiten Fußball-Bundesliga, auf den sich die meisten dieser Teams erstmals an diesem Wochenende vorbereiten. Das muss deshalb erwähnt werden, weil in der kurzen Sommerpause eigentlich nur von einem Klub die Rede war, der täglich neue Sensationsnachrichten produzierte: Der TSV 1860 München. Doch auch andernorts war durchaus etwas los. Eine Übersicht.

Die Enttäuschten

Es gibt eigentlich nur eines das schlimmer ist, als die Saisonziele zu verpassen: Die Saisonziele zu übertreffen, neue Ziele zu setzen, und diese dann am letzten Spieltag um Haaresbreite tränenreich eben doch zu verpassen. So geschehen beim SC Paderborn und dem Karlsruher SC. Beide haben in der vergangenen Spielzeit ihre Fans begeistert, und beide müssen nun dabei zusehen, wie die begeisternden Protagonisten sich verabschieden. Besonders schlimm trifft es die Paderborner, die nicht nur ihren Trainer André Breitenreiter nach Schalke abgegeben müssen, sondern Breitenreiters gesamtes Trainerteam und ihre besten Spieler, so sieht es jedenfalls aus: Süleyman Koc (dessen Verhandlungen mit dem HSV aber wohl gescheitert sind) und Elias Kachunga stehen vor dem Absprung. Gleiches gilt in Karlsruhe für Reinhold Yabo, Rouwen Hennings und Philipp Max.

Die Ärmelhochkrempler

Andernorts scheint die Enttäuschung längst vergessen zu sein. Die Angestellten des Leipziger Fußballprojekts haben als allererste schon in der vergangenen Woche mit dem Training begonnen, die Spieler des Jetzt-also-doch-Trainers Ralf Rangnick sollen ja zum Saisonstart am allerfittesten sein um das allerbeste Pressing zu spielen. Natürlich haben die Leipziger auch am allermeisten Geld ausgegeben: Mindestens zehn Millionen Euro für Davie Selke und Willi Orban. Auch in Kaiserslautern und bei Absteiger Freiburg wollen sie möglichst schnell wieder raus aus dieser Liga. Schwierig für den Sportclub: Torjäger Nils Petersen wird den Klub wohl verlassen. In Bielefeld wird ebenfalls eingekauft, damit diese Zweitligaepisode nicht so rasch endet wie die letzte. Sieben Neue sind schon da, mindestens drei sollen noch folgen.

Die Nostalgiker

Er habe ja "damals den Schrothi geholt", sagt Wolfgang Wolf am Telefon auf Mallorca, und dass er dabei stolz klingt, hat einen Grund: Der Fußball-Abteilungsleiter hat jetzt endlich den neuen Schrothi zum 1.FC Nürnberg geholt, also einen Spielertyp der Markus Schroth ähnelt, dem Stürmer aus guten alten Nürnberger Bundesligazeiten. Die letzte Saison war eine zum vergessen, die neue soll möglichst wieder in die Bundesliga führen, und da soll Stefan Kutschke mithelfen. Der Stürmer kommt vom VfL Wolfsburg, um wie einst Schrothi Lücken zu reißen für torgefährliche Mittelfeldspieler. Verteidiger Javier Pinola hat zwar noch mit Markus Schroth zusammengespielt, musste aber gehen. Für ihn kommt der Rumäne Laszlo Sepsi. Ein Torhüter wird noch gesucht, vielleicht macht's am Ende doch Schrothis alter Kollege Raphael Schäfer, 36. Nostalgie auch beim FC St. Pauli: Dort ist zum ersten Spieltag die moderne Arena fertig. Das alte Millerntor lebt dann nur noch in den Gedanken der Fans.

Die Hoffnungsvollen

"Wenn ich mit meiner Tochter Schwarzer Peter spiele, lasse ich die auch nicht gewinnen. Auch nicht meinen siebenjährigen Sohn beim Kickern." Das hat Frank Kramer bei seiner ersten Pressekonferenz in Düssedorf gesagt. Bei der Fortuna speist das die Hoffnungen, dass Kramers Kicker künftig auch nicht mehr so oft die anderen gewinnen lassen. Die Kaderplanung ist durchaus verheißungsvoll: Zur Leihe kommt U-20-Nationalmannschaftskapitän Kevin Akpoguma aus Hoffenheim, um die Abwehr zu stabilisieren, und aus Stuttgart Kramers einstiger Fürther Zögling Sercan Sararer, ein talentierter Fußballer mit aufbrausendem Charakter. Auch hoffnungsvoll: Fürth mit neuem Trainer Stefan Ruthenbeck. Und Duisburg: Die wundersame Rückkehr des schon totgesagten MSV gibt allen Grund dazu.

Die bald besten Zweitligisten aller Zeiten

In den Neunzigerjahren war die zweite Bundesliga ohne Fortuna Köln undenkbar. Unangefochten führte das Team aus der Kölner Südstadt die ewige Zweitligatabelle an. Potenzielle Nachfolger sind Union Berlin, Eintracht Braunschweig und der VfL Bochum. Schwer vorstellbar, dass die drei in dieser Saison mit voller Wucht in den Aufstiegskampf einsteigen, dafür war die letzte Saison zu schwach, und ist die Transferpolitik zu verhalten. Spannendste Personalie: Braunschweig hat den Erstligaergänzungsspieler Adam Matuschyk vom 1.FC Köln verpflichtet. Zur Fortuna, heute drittklassig, wollte er wohl nicht.

Die Zufriedenen

Für den 1.FC Heidenheim und den SV Sandhausen lief in der vergangenen Saison alles nach Plan. Heidenheim könnte ja durchaus höhere Ambitionen hegen, musste aber seinen aufregendsten Spieler, Stürmer Florian Niederlechner, nach Mainz ziehen lassen, dafür kommt Daniel Frahn aus Leipzig. Für den FSV Frankfurt war die letzte Spielzeit zwar nicht so erfreulich, sie sind dort aber trotzdem zufrieden, weil die Saison eine positive Wendung nahm, nachdem der neue Trainer Thomas Oral die Spieler vor dem letzten Spieltag durch die Waschanlage laufen ließ, als symbolischer Akt, sich von all dem grausamen Fußball, den das Team zuvor gespielt hatte, "reinzuwaschen".

Vielleicht könnte das in der kommenden Woche auch den Spielern vom TSV 1860 helfen. Wenn nicht schon alle Maßnahmen zu spät kommen.

© SZ vom 21.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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