Würzburger Erfolgs-Serie:Zu früh zum Durchdrehen

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Die Kickers gewinnen mit 3:0 in Fürth und sind das beste bayerische Team der Liga - doch Trainer Bernd Hollerbach sagt die Party ab - er will noch besser werden.

Von Christopher Gerards, Fürth

Der DJ hatte, alles in allem, einen guten Job gemacht, ihn traf keine Schuld. Nejmeddin Daghfous, hauptberuflich Fußballprofi der Würzburger Kickers, hatte Hip-Hop aufgelegt, hinreichend laut. Die Location konnte ebenfalls nichts für den Verlauf des Abends: ein schön subsersiver Container neben dem Fürther Stadion, ursprünglich erfunden als Umkleidekabine. Eine tolle Party hätte das also werden können am Freitagabend. Aber es ging gerade auf neun Uhr zu, da hatte die Musik aufgehört zu spielen. Ein Gast nach dem anderen schlurfte aus dem Container, und im Hinausgehen fielen Sätze wie: "Wir wollen einfach von Woche zu Woche Punkte holen." Oder: Die Tabelle sei gerade nicht so wichtig.

Die Sätze stammten von David Pisot, dem Würzburger Rechtsverteidiger, und man hat solche Sätze auch noch nicht auf vielen Partys gehört. Wobei: Diese Party war ein bisschen anders als die meisten Partys. Es war eine Party, die niemand feiern wollte.

Nach fünf Spielen ist Würzburg längst in der neuen Liga angekommen

Von Woche zu Woche Punkte holen: In Fürth war den Kickers genau das gelungen, präzise drei Punkte nahmen sie mit. Einer der wesentlichen Gründe hieß David Pisot, zwei Tore hatte er erzielt (10./79.), beim 3:0 (1:0) der Würzburger gegen Greuther Fürth. Und er hatte - zusammen mit Tobias Schröck, Schütze des dritten Treffers (84.) - dazu beigetragen, dass die Tabelle schon irgendwie wichtig aussah an diesem Abend. Auf Rang zwei tauchte nämlich dieser Name auf: "Würzburger Kickers" - Aufsteiger aus der dritten Liga.

Es könne eine Weile dauern, bis Würzburg sich an die 2. Liga gewöhnt - diesen Satz hat Bernd Hollerbach, der Trainer der Kickers, vor der Saison gesagt. Diese Saison ist jetzt fünf Spiele alt, und die letzten drei davon hat Würzburg gewonnen. "Ja klar, können wir uns heute freuen", sagte Hollerbach. Er ergänzte diese Worte aber um einen entscheidenden Zusatz: "Es waren ein paar Sachen dabei, die mir nicht so gut gefallen haben." Es war ein interessanter Satz, weil er zwei Dinge zeigte: dass Würzburg nach dem erfolgreichen Saisonstart nicht durchdreht; und dass den Trainer der Gedanke treibt, die Mannschaft fortwährend zu entwickeln, auch im Moment des Erfolgs. Deshalb hielt sich niemand allzu lange mit Partys oder Kampfansagen auf. Außerdem wartete ja der Bus.

Beste Beispiele für Würzburgs Entwicklung waren die beiden Treffer von Pisot: Beide fielen nach Ecken, beide nach Vorarbeit von Daghfous, dem Teilzeit-DJ, mit fünf Vorlagen bester Vorbereiter der Liga. "Der Ball kam zwei Mal super vom Dagi", sagte Pisot, es war das Ergebnis des Würzburger Trainings. Hollerbach hatte seiner Mannschaft Standardsituationen verordnet, "und ich habe in der Sitzung vor dem Spiel gesagt, dass ich ein Standardtor sehen will." Er sah dann halt zwei. Auch okay.

Fürth hat mehr Ballbesitz, mehr Torschüsse - Würzburg spielt "schlau"

Würzburg hatte die Fürther permanent attackiert und zu Fehlern gezwungen. In der 23. Minute etwa passte Tobias Rapp direkt auf Rico Benatelli. Der rannte frei auf Fürths Torwart Balazs Megyeri zu, legte quer auf Torjäger Elia Soriano. Doch dessen Schuss konnte Verteidiger Marcel Franke mit einer sehenswerten Grätsche noch abwehren. "Das war fahrlässig, dadurch konnten wir nie beruhigt spielen", klagte Hollerbach und sah eine "tausendprozentige Torchance" verschwendet. "Da müssen wir nochmal drüber reden", sagte er, fügte aber sicherheitshalber nochmal an: "Natürlich freuen wir uns heute. Ist doch klar."

Würzburg habe "taktisch schlau" gespielt, hat Fürths Trainer Stefan Ruthenbeck hinterher gesagt. Sein Team hatte mehr Torschüsse, mehr Ballbesitz und mehr Zweikämpfe gewonnen; es hatte aber auch exakt drei Tore weniger geschossen. "Wir reden immer davon, dass Spiele im Detail entschieden werden", sagte Ruthenbeck, "und heute waren die Standardsituationen die Detail-Geschichte. Da haben wir zwei Mal gepennt." Seine Mannschaft habe zudem die eigenen Chancen besser nutzen müssen, sagte er - etwa als Ante Vukusic Würzburgs Torwart Robert Wulnikowski aus kurzer Distanz anschoss (24.). Insgesamt ging Ruthenbeck aber sehr unaufgeregt mit dieser Niederlage um, er sagte: "Nullkommanull Vorwurf an die Mannschaft."

Eine hübsche Zuspitzung erfuhr dieser Freitagabend nach Abpfiff, der Spielplan wollte es so. Nachdem die Würzburger Fans den "Derbysieger, Derbysieger" feierten, sangen die Fürther Fans ihre eigene Version dieses Lieds, sie ging so: "Wir wollen den Derbysieg!" Das eine Derby war zwar verloren gegangen, das nächste folgt aber schon am Dienstag, ein paar Kilometer Luftlinie entfernt: beim 1. FC Nürnberg.

© SZ vom 18.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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