Würzburg droht der Abstieg:Mit der Ruhe ist's vorbei

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Die Würzburger Kickers bleiben nach einem Torwartfehler in letzter Minute auch im 15. Spiel im Jahr 2017 sieglos. Bernd Hollerbachs Motivationskniff vor dem Abstiegsduell in Düsseldorf verfängt nicht.

Von Johannes Kirchmeier, München

Zur Ruhe kommen wollte der Würzburger Fußballtrainer Bernd Hollerbach in den vergangenen Tagen mit seinem Team. Er ist dafür eigens in ein Kurztrainingslager, in die Sportschule Hennef, gefahren. Die Ruhe in der abgeschiedenen Herberge sollte einem Ziel dienen: dem ersten Sieg der Kickers im Jahr 2017. Ob Hollerbach in Hennef zur Ruhe gekommen ist, ist nicht überliefert.

Was allerdings nach diesem 32. Spieltag der zweiten Bundesliga festzuhalten ist: Ein paar Minuten sah es wirklich nach dem ersten Würzburger Sieg 2017 aus, wohlgemerkt im nun schon 15. Spiel. Hollerbachs Jungs führten nach einem schicken Weitschusstor von Lukas Fröde bis in die letzte reguläre Spielminute. Dann entließ der Düsseldorfer Julian Schauerte von weit draußen einen Freistoß in den Würzburger Strafraum, Torhüter Jörg Siebenhandl marschierte erst, hüpfte dann dem hohen Ball entgegen, und doch konnte er ihn nicht fassen, er flog über ihn hinweg - ein klarer Torwartfehler. Der Ball lag im Netz. In der 90. Minute. Wieder war all das Bemühen der Würzburger umsonst. Auch die Kosten fürs Trainingslager haben sich nicht gelohnt, die Unterfranken sind endgültig unten angekommen: Die Negativserie in diesem Jahr hat sie auf Rang 16 geführt.

Sie boten alles auf, was sie hatten: Die Würzburger Kickers können nicht glauben, dass sich ihr aufopferungsvoller mal wieder nicht im Ergebnis niederschlägt. (Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Bernd Hollerbach, der den Ruf des neuen Würzburger Stadtheiligen (nach Kilian) erlangte nach seinen zwei Aufstiegen von der Regionalliga in die zweite Bundesliga und daher als Trainer als nicht entlassbar gilt, wirkte in diesem Moment jenseits der 90. Minute gar nicht mehr ruhig. All die guten Vorsätze aus der Sportschule schienen vergessen zu sein. Er wirkte eher so wie früher, als er als harter Linksverteidiger den einen oder anderen Gegner umgegrätscht hatte.

Würzburg taumelt Abstiegsplatz 17 entgegen

Fuchsteufelswild schimpfte er an der Seitenlinie auf den Schiedsrichter. "Es war wieder eine bittere Entscheidung gegen uns. Alexander Madlung geht für meinen Geschmack nicht auf den Ball, sondern nur in den Torwart", klagte Hollerbach, der Siebenhandl behindert worden sah. "Der Schiedsrichter hat ansonsten richtig gut gepfiffen. Wir sind aber bezüglich der Entscheidungen nicht vom Glück verfolgt", fügte er an. "Vielleicht müssen wir damit leben, dass wir eben nur ein kleiner Verein sind, der aus der Regionalliga kommt."

Bernd Hollerbach trainierte zuletzt die Würzburger Kickers. (Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Mit seiner Mannschaft war er jedoch rundum zufrieden: "Unsere Leistung war top, meine Mannschaft hat ein Riesen-Herz gezeigt. Wir haben ein hervorragendes Spiel gemacht", sagte er hinterher. "Mit dieser Leistung bin ich mir sicher, dass wir die Punkte holen werden."

Aber langsam könnte es dafür zu spät werden. Würzburg (33 Punkte) bleibt 2017 weiter sieglos, während die Konkurrenz im Abstiegskampf anfängt zu punkten. Der TSV 1860 München (36) hat am Freitag in Dresden gewonnen und die Kickers überholt. Aue (36) rangiert trotz eines Spiels weniger ebenfalls vor den Franken, Düsseldorf (36) hält durch das späte Remis den Zwei-Punkte-Abstand. Mit einem Sieg in Bochum würde außerdem Arminia Bielefeld (32) am Sonntag (13.30 Uhr) an den Würzburgern vorbeiziehen. Die Kickers stünden in der Abstiegszone und wirken zwei Spiele vor Saisonende nicht so, als könnten sie sich daraus noch einmal befreien.

Würzburg stürzt nach unten, St. Pauli siegt sich zum Klassenverbleib

Wie man sich aus einer misslichen Lage befreit, konnten die Würzburger in dieser Rückrunde im Norden besichtigen: Anders als der Sturz der Franken von ganz oben in der Tabelle nach ganz unten sieht die Serie beim FC St. Pauli aus. Achtzehnter waren die Hamburger zur Winterpause, mit gerade einmal elf Punkten. 15 Partien später steht das Team von Ewald Lienen nun bei 41 Zählern, als Tabellensiebter.

Das Happy End zur Hamburger Rückrundengeschichte lieferte am Samstag übrigens Würzburg. Seit dem 1:1 von Düsseldorf wissen sie beim FC St. Pauli: Auch rechnerisch können sie nicht mehr absteigen. Ruhe, das ist die Erkenntnis des Wochenendes, kann also auch eine Großstadt bieten: Man muss dafür nicht unbedingt in die Abgeschiedenheit.

© SZ vom 07.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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